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14.05.2017 Andreas Deutsch

Berentzen-Chef: "MioMio macht uns einfach Spaß"

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Berentzen-Gruppe

Seit der Empfehlung des AKTIONÄR notiert die Aktie von Berentzen bereits mit 17 Prozent im Plus. Damit ist das Ende der Fahnenstange aber bestimmt noch nicht erreicht. Im Interview mit dem AKTIONÄR erklärt Vorstandschef Frank Schübel, wo der Getränkekonzern hin will.

DER AKTIONÄR: Herr Schübel, im ersten Quartal 2017 ist es der Berentzen-Gruppe gelungen, trotz eines rückläufigen Spirituosengeschäfts das Konzern-EBIT um 21,9 Prozent zu steigern. Inwiefern sehen Sie sich damit in Ihrer Strategie betätigt, die Unternehmensgruppe verstärkt in Richtung natürlicher und frischer Segmente zu entwickeln?

Frank Schübel: Die Strategie wird nicht nur durch dieses Quartal bestätigt, sondern die breiter angelegte Getränkekompetenz passt einfach zu dem modernen Lebensstil unserer Kunden und den Veränderungen der Segmente. Im Spirituosenbereich sind wir im Übrigen nicht unzufrieden, sondern machen uns durch eine klare Wertschöpfungsstrategie unabhängiger von mengenmäßig rückläufigen Märkten.

Ein Flaggschiff der Entwicklung ist MioMio: Wie zufrieden sind Sie mit der Marktakzeptanz dieses neuartigen und nachhaltigen Limonadenkonzepts?

MioMio macht uns einfach Spaß. Den Nerv des Marktes zu treffen und solche Steigerungsraten zu erzielen, ist keine Selbstverständlichkeit. Wir überlegen jeden Monat neu, was wir tun können, um den Absatz weiter zu fördern. Allein solch eine Diskussion hilft der „Vorwärts-Attitüde“ im gesamten Konzern sehr.

Sie erwarten auch für die Folgequartale ein überproportionales Wachstum in den Segmenten Alkoholfreie Getränke und Frischsaftsysteme. Welchen Anteil wird Citrocasa voraussichtlich daran haben?

Citrocasa wird mittelfristig die höchsten Steigerungsraten im Konzern haben. Langfristig streben wir einen 50/50-Split zwischen Spirituosen und Alkoholfrei an.

Wie sehen Sie das Geschäft bei Markenspirituosen im Ausland?

Wir sehen eine leichte Beruhigung in den politisch kritischen Regionen und marktbezogen gute Entwicklungen in Kernmärkten wie Holland, Belgien und Tschechien. Daraus eine Kehrtwende abzuleiten, würde aber zu weit gehen. Wir haben das Geschäftsmodell und die Kosten im Griff, sind also auch mit dem heutigen Volumenniveau im Auslandsgeschäft mit Markenspirituosen gut profitabel.

Inwiefern erschweren Ihnen die saisonalen Marktbedingungen – in diesem Jahr ist Ostern im Gegensatz zu 2016 ins zweite Quartal gefallen – die Vergleichbarkeit einzelner Quartale?

Das operative Geschäft erschweren die saisonalen Quartalsverschiebungen überhaupt nicht – und die Vergleichbarkeit ist in erster Linie für die Analysten relevant. Wir können das nicht lösen, nur erklären.

Ihre Amtszeit als Vorstandssprecher der Berentzen-Gruppe endet mit Ablauf der Hauptversammlung am 19. Mai 2017. Wenn Sie zurückblicken, wie fällt Ihr Fazit Ihrer viereinhalbjährigen Amtszeit aus?

Zuerst freut mich, dass die Entwicklung der Kennziffern der Gruppe Substanz hat und die Erfolge nicht aus einer neuen Restrukturierungsrunde kommen, sondern rein operativ strategische Gründe haben. Persönlich freut mich, dass viele zu meinem Start gesagt haben: „Mal sehen, ob Sie in eineinhalb Jahren noch da sind“. Die gleichen Leute sagen jetzt nach mehr als viereinhalb Jahren: „Schade, dass Sie schon gehen“. Mein Fazit ist positiv, auch wenn so ein Job niemals fertig ist.

Der ehemalige Berentzen-Großaktionär Aurelius wurde zuletzt von Short-Sellern massiv angegriffen. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Aurelius erlebt? Welchen Anteil hatte Ihr Ex-Mehrheitsaktionär an der erfolgreichen Neuausrichtung der Berentzen-Gruppe?

Aurelius, allen voran Gert Purkert, der Aufsichtsratsvorsitzende der Berentzen-Gruppe AG, hat mir immer das Vertrauen geschenkt und die strategische Neuausrichtung gestützt. Man darf einen stabilen Aufsichtsrat, faire Diskussionen und klare Mehrheitsverhältnisse in einer Unternehmenssituation wie bei Berentzen in 2012 nicht unterschätzen. Es ist immer einfacher, kritische Fragen zu stellen, als auf noch nicht geprüfte strategische Leitlinien zu setzen. In diesem Sinne war Aurelius ein wichtiger Faktor und damit auch ein wesentlicher Teil der Problemlösung.

Sie stehen zur Hauptversammlung als Kandidat für den Aufsichtsrat zur Wahl. Die Unterstützung wichtiger Aktionärsvertreter haben Sie. Was entgegnen Sie Kritikern, die einen derartigen direkten Wechsel eines Vorstandschefs in das Kontrollgremium ohne Karenzzeit ablehnen?

Das Hauptargument für einen Wechsel in den Aufsichtsrat ist klar: strategische Kontinuität im Aufsichtsrat der Berentzen-Gruppe sicherzustellen und die Segmentkompetenz nicht zu verlieren. Mein Wechsel in den Aufsichtsrat wird übrigens nicht nur von wichtigen Aktionären gestützt, sondern auch von meinem Vorstandskollegen Ralf Brühöfner und meinem Nachfolger Oliver Schwegmann. Wer glaubt, dass ich mich als „Acting Chairman“ zu sehr in das Tagesgeschäft einmischen würde, liegt falsch. Dafür lässt mir meine künftige Aufgabe als CEO der Teekanne Unternehmensgruppe auch gar keine Zeit. Wenn kritische Aktionäre meinen Wechsel ablehnen, werde ich das akzeptieren.

Zum 1. Juni wird der neue Berentzen-Vorstand Oliver Schwegmann sein Amt antreten. Wie wird sich damit die Arbeit im Berentzen-Vorstand künftig verteilen? Und welche Impulse erwarten Sie durch den Managementwechsel?

Herr Schwegmann wird mit Herrn Brühöfner die Firma gemeinsam führen, wie ich das auch getan habe. Auch wenn ich das Gesicht der Firma war, ist unser Teamansatz immer Außen- und Innenminister. Eine Kanzlerin hatten wir nie und brauchen sie auch nicht. Mein Fokus in den letzten fast zwei Jahren lag neben der Strategieentwicklung auch auf der Integration von Citrocasa und dem Kapitalmarkt. Herr Schwegmann wird mit Sicherheit mehr Zeit und Energie für das wichtige operative Tagesgeschäft haben und das wird den Marken gut tun.

Quasi als Abschiedsgeschenk als Vorstandschef haben Sie eine große Manufaktur – die „Berentzen Hof Destillerie Haselünne“ – auf den Weg gebracht. Ist dieses „neue Herzstück des Stammhauses“ mehr als nur ein Marketinggag?

Die neue „Berentzen Hof Destillerie Haselünne“ ist in der Tat kein Marketingtool, sondern ein ernst zu nehmender Business Case. Die Marke Berentzen, aber auch die Vertriebsorganisation sind wieder soweit, auch ein eigenes Premiumprodukt zu tragen. Unsere Konzeptstudien zu „Berentzen Korn2Korn“ ergaben Marktpreise von bis zu 30 Euro pro Flasche. In der Bartenderszene, die immer auf der Suche nach neuen Ideen ist, sich zu differenzieren, entwickelt sich gerade ein Trend „Pro Korn“. Sogar das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat bereits darüber berichtet. Gewünschter Nebeneffekt: Auch unsere internationalen Distributionspartner sind sehr interessiert an diesem Konzept. Logisch, dass man hier an einem einzigartigen deutschen Premiumprodukt mehr Interesse hat als an einer weiteren Wodka-Variante.

Wenn Sie weiter in die Zukunft blicken: Welche Schlagzeile würden Sie gerne in fünf Jahren über die Berentzen-Gruppe lesen?

„Berentzen-Gruppe – Kontinuierlich positive Unternehmensentwicklung seit 10 Jahren“. Diese Schlagzeile wäre schön zu lesen.

Herr Schübel, vielen Dank für das Interview.

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