Kupfer, Aluminium, Nickel – die Industriemetalle haben in den vergangenen Jahren eine furchtbare Performance geliefert. Nahezu alle von der Industrie nachgefragten Metalle sind um 50 Prozent und mehr eingebrochen. Die Wachstumsschwäche in China wird als Argument angeführt. Dazu lastet auch der starke Dollar auf den Preisen. Vor diesem Hintergrund erscheint es schon fast vermessen, über einen Wert wie Alcoa, den weltweit drittgrößten Aluminiumproduzenten, zu sprechen. Doch das Papier ist in mehrfacher Hinsicht hochspannend. Der Konzern soll nämlich noch in diesem Jahr aufgespalten werden. Und die beiden neuen Gesellschaften dürften an der Börse weit mehr wert sein als der heute noch an der Börse notierte Alcoa-Konzern. Aufspalten? Einen Aluminiumproduzenten? Das klingt auf den ersten Blick verwirrend. Doch Alcoa ist eben weit mehr als ein Produzent.
Der Konzern ist auch ein Ingenieurdienstleister – vor allem für die Auto- und Luftfahrtindustrie. So soll in der einen neuen Gesellschaft, der sogenannten Upstream Company, das klassische Rohstoffgeschäft rund um die Aluminiumproduktion gebündelt werden. In dem anderen neuen Unternehmen, das Alcoa selbst Value-Add Company nennt, soll das Geschäft mit Produkten für die Automobil- und Luftfahrtindustrie eingebracht werden. Und das sind quasi die Kronjuwelen von Alcoa. Analysten schätzen, dass dieses Geschäftsfeld bis zu 80 Prozent des Wertes von Alcoa ausmachen wird.
Wie sieht das Ganze in Zahlen aus? Alcoa selbst ist derzeit an der Börse mit rund 9,5 Milliarden Dollar bewertet. Als im Herbst vergangenen Jahres die Pläne über eine Aufspaltung bekannt wurden, kam Morgan Stanley in einer Studie zu dem Ergebnis, dass alleine das Geschäft mit den Ingenieurprodukten und Dienstleistungen bis zu 18 Milliarden Dollar wert sein könnte.
Sicher: Seitdem hat sich das Umfeld eingetrübt und die Preise für Aluminium und Aluminiumprodukte sind weiter gefallen. Doch auch heute gehen konservativere Schätzungen davon aus, dass Value-Add alleine rund elf Milliarden Dollar wert sein dürfte. Und das Upstream-Geschäft? Sicher ist das Geschäft mit Aluminium weitaus schwieriger und zyklischer. Und wie bereits eingangs erwähnt: Der Aluminiumpreis steht seit Jahren unter Druck. Doch bleibt dies so? Im vergangenen Jahr war der Aluminiummarkt von einem Angebotsüberschuss gekennzeichnet. Die Nachfrage konnte mit dem Angebot nicht Schritt halten. Doch das soll sich zumindest nach internen Berechnungen von Alcoa im laufenden Jahr ändern. Der Aluminium- Riese geht davon aus, dass der Markt im laufenden Jahr in eine Defizitsituation rutschen wird. Sprich: Die Nachfrage wird das Angebot übersteigen. Und zwar weltweit um 1,2 Millionen Tonnen auf das Gesamtjahr gerechnet. Und ein Angebotsdefizit wiederum könnte dafür sprechen, dass der Aluminiumpreis – endlich – seinen Boden gefunden hat und allmählich wieder zu steigen beginnt. Allerdings sollte man an dieser Stelle erwähnen, dass Goldman Sachs anderer Ansicht ist: Die Analysten glauben, dass der Aluminiummarkt im laufenden Jahr in einem Rekordüberschuss enden wird.
Die Aluminiumpreise jedenfalls haben in den vergangenen Tagen – wie nahezu alle Industriemetalle – ein Lebenszeichen gesendet. Ein steigender Aluminiumpreis wird sich relativ schnell in den Gewinnen der Sparte widerspiegeln. Analysten schätzen den Wert der Sparte auf drei bis fünf Milliarden Dollar. Eine Sum-of-the-Parts- Rechnung kommt dabei auf einen Wert von rund 13-14 Milliarden Dollar für den Gesamtkonzern – ein Plus also von rund 40 Prozent im Vergleich zum derzeitigen Börsenwert. Und diese Rechnung gilt auch für das derzeit mehr als schwierige Umfeld.
Übrigens: Die Vergangenheit zeigt, dass Konzerne, die aufgespalten wurden, extrem gut performt haben. Der Bloomberg Spin Off Index, ein Index, der die Performance von Unternehmen misst, die auf- oder abgespalten wurden, weist seit Ende 2002 eine Performance von 532 Prozent auf. Im Vergleich dazu hat der S&P 500 „nur“ rund 116 Prozent zulegen können. Ein gutes Omen also für Alcoa. Natürlich ist das auch manchem Brancheninsider nicht verborgen geblieben. So hat erst zu Jahresbeginn der Hedgefonds Elliott Management seinen Anteil an Alcoa auf 7,4 Prozent aufgestockt und gleichzeitig angekündigt, die Aufspaltung unterstützen zu wollen. Offensichtlich will man keine Zweifel aufkommen lassen, dass die Pläne in die Tat umgesetzt werden. Es soll entsprechende Treffen zwischen dem Alcoa-Management um den deutschen CEO Klaus Kleinfeld und Managern von Elliott Management gegeben haben.
Hinter dem Hedgefonds steht übrigen kein Geringerer als Paul Singer. Der rund 2,1 Milliarden Dollar schwere Singer gilt als Aktivist unter den Hedgefonds- Managern und – verzeihen Sie den Ausdruck – als harter Hund. Singer war es, der im Jahr 2001 nach der Insolvenz Argentiniens nicht bereit war, sich auf reduzierte Zahlungen der Staatsanleihen einzulassen. Er verklagte Argentinien und ließ nach einem erfolgreichen Gerichtsverfahren Vermögenswerte Argentiniens auf der ganzen Welt beschlagnahmen, um seine Forderungen zu begleichen. Singer ist damit sicherlich kein Mann, der Geld verlieren will. Und er wird sicher alles daran setzen, dass die Aufspaltung von Alcoa wie geplant über die Bühne gehen wird. Ein fixes Datum gibt es noch nicht. Aber es deutet vieles darauf hin, dass Alcoa noch im laufenden Jahr in zwei Gesellschaften zerlegt werden wird. Und um das Ganze zu untermauern, stellt Elliott Management auch drei Direktoren im Board von Alcoa, die den Vorgang vorantreiben sollen.
Der Einstiegszeitpunkt bei Alcoa ist gut: Die Aktie ist nach den jüngsten Quartalszahlen noch einmal unter Druck gekommen. Die Ergebnisse fielen gemischt aus. Der Umsatz im vierten Quartal fiel um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Gewinn brach deutlich stärker ein. Bereinigt um Einmaleffekte verdiente Alcoa im abgelaufenen vierten Quartal nur noch 65 Millionen Dollar – ein Jahr vorher waren es noch 432 Millionen Dollar gewesen. Der Hauptgrund für den Einbruch bei Umsatz und Gewinn: die niedrigeren Preise für Aluminium. Derweil hat der Konzern angekündigt, weiter an der Kostenschraube drehen zu wollen, um den Konzern profitabel für die Zukunft zu machen.
Auch wenn die Zahlen nur im Rahmen der Erwartungen ausgefallen sind, hat die Aktie aufgrund der angekündigten Aufspaltung im zweiten Halbjahr Potenzial. Paul Singer wird darauf drängen, dass der Split wie geplant über die Bühne geht. Spielt der Aluminiumpreis mit, dann können Anleger mit der Alcoa-Aktie 50 Prozent Gewinn in den kommenden Monaten einfahren.