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27.06.2016 ‧ Werner Sperber

Aktien-Spezialisten: Das ist mit dem Brexit unbedingt zu kaufen

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Die Sachkenner des Heibel-Ticker erklären, der Mut der Briten, sich für die Ungewissheit, den Austritt aus der Europäischen Union (EU) zu entscheiden ist großem Frust geschuldet, mutig und gut. „Wir dürfen nun gespannt sein, ob die Politik in Brüssel diesen Denkzettel versteht und ihre Ziele stärker an der Bevölkerung ausrichtet, oder ob sie weiter vor den unberechenbaren Kräften am rechten und linken Rand der Bevölkerung warnt und eine Rückkehr zur Vernunft anmahnt. Letzteres halte ich für einen Fehler. Doch ist ein Gegensteuern möglich? Kann das herrschende Establishment einen entsprechenden Kurswechsel vollziehen ohne das Gesicht zu verlieren? Oder braucht es dafür neue Führungskräfte, neue Machtverhältnisse? Ganz ehrlich: Ich betrachte den Brexit als Anfang vom Ende für die EU.“

Nun verhandeln die EU-Politiker zwei Jahre mit den britischen Politikern über die Austrittsbedingungen. Der ausgehandelte Vertrag wird dann von den Briten dem Parlament vorgelegt und je nach Ausgestaltung stimmt das Parlament dann zu oder nicht. Möglicherweise lehnt das Parlament den Vertrag ab und degradiert das Referendum zum Papiertiger. Das Chaos ist also nicht von Donnerstag auf Freitag vergangener Woche eingetreten, sondern wird sich im Verlauf der Verhandlungen in den kommenden zwei Jahren immer wieder zeigen. Je nach Verlauf erhalten andere Länder in ihren Unabhängigkeits-Bestrebungen Rücken- oder Gegenwind.

In Großbritannien wird man die wirtschaftlichen Auswirkungen bereits sehr früh bemerken. Investitionen ausländischer Firmen werden vorsichtiger getätigt, weil niemand weiß, wie die Beziehungen zu den Briten in zwei Jahren aussehen werden. Entsprechend wird sich die Wirtschaft auf der Insel bereits im kommenden Quartal merklich abkühlen. Die Schotten haben sich zwar erst jüngst für einen Verbleib in Großbritannien entschieden, doch sie möchten in der EU bleiben. In Schottland stimmte eine klare Mehrheit für einen Verbleib. Nun sind auch die Schotten draußen, nur weil die Briten das so wollen. Die Unabhängigkeitsbewegung in Schottland könnte wieder aufleben, um sich von den Briten zu trennen und eigenes EU-Mitglied zu werden. Auch das würde Großbritannien schwächen.

Für Deutschland sollten die konjunkturellen Auswirkungen überschaubar bleiben. Als wichtigster Handelspartner der Briten werden die bilateralen Beziehungen sicherlich schnell auf ein vergleichbares Niveau gestellt, wie sie im Rahmen der EU existieren. Zudem dürfte ein nunmehr wieder schwächerer Euro die Verluste mit den Briten aufwiegen.

Für den Alltag dürfte der Brexit zunächst kaum sichtbar sein. Die Sachkenner des Heibel-Ticker erklären, die Anleger werden jedoch in „sichere Häfen“ flüchten, also in Gold, Silber, Agrarrohstoffe, Bundesanleihen und den Schweizer Franken. Entnervt werden viele Investoren künftig stärker in defensive Titel gehen. Dividendentitel dürften auch aufgrund der wohl wegen des Brexit und der daraus möglicherweise resultierenden gesenkten Schätzungen für das Wirtschaftswachstum mit der einhergehend noch längeren Phase von Niedrigzinsen profitieren. In diesem Umfeld werden auch Immobilien nochmals einen Run erleben. Die Volatilität wird nochmals zunehmen. Der Spruch „Politische Börsen haben kurze Beine“ kann gestrichen werden, denn künftig werden die Politiker immer stärkeren Einfluss nehmen und die Unternehmensbewertungen werden in den Hintergrund treten. Das ist ein Dogmenwechsel, der weitreichende Auswirkungen hat. In dieser Woche dürfte die angelaufene Gegenreaktion auslaufen, dann wäre eventuell ein Put auf den DAX richtig. Denn bislang wird an den Finanzmärkten lediglich argumentiert, die wirtschaftlichen Folgen seien überschaubar. Allerdings könnten die Anleger einmal mehr davon überrascht werden, wie stark politische Diskussionen auf den Börsen lasten werden.

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