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25.08.2020 Andreas Deutsch

Simon Rolfes: „Die schweren Folgen bekommen wir noch zu sehen“

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Simon Rolfes, Sportdirektor bei Bayer 04 Leverkusen, bleibt trotz harter Zeiten für die Wirtschaft optimistisch für die Börse. Viele Top-Trends der letzten Zeit haben seiner Meinung nach das Zeug, dauerhaft zu bleiben.

DER AKTIONÄR: Herr Rolfes, Sie sind seit vielen Jahren an der Börse aktiv. Die vergangenen Monate waren extrem: erst der Mega-Crash im März wegen Corona, dann eine V-förmige Erholung der Märkte mit neuen Rekordhochs bei etlichen Aktien. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Simon Rolfes: Jeder Anleger sollte wissen: Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Deswegen bin ich auch ruhig geblieben, als die Kurse wie Steine fielen. Ich habe nicht verkauft, weil ich die Geldanlage an der Börse als langfristige Angelegenheit betrachte. Außerdem hat es immer Crashs infolge von Krisen gegeben. 2000 war es das Platzen der New-Economy-Blase, 2008 die Finanzkrise – nun ist es eine Pandemie. Bislang haben sich die Kurse von guten Aktien immer wieder erholt und sind weiter angestiegen – egal was passiert war. So auch dieses Mal. Obwohl es jetzt schon überraschend war, wie schnell der Markt gedreht hat. 

Hat der Markt bei der Rallye womöglich übertrieben? 

Ich glaube schon, dass es noch länger für viele Firmen schwierig wird. Die Pandemie trifft viele Unternehmen aus verschiedenen Branchen sehr hart. Aufträge fallen weg, Umsätze brechen ein. Ich denke, die schweren Folgen der Krise werden wir erst noch zu sehen bekommen. Das bedeutet aber nicht, dass die Kurse fallen müssen. Denn die übermäßige Liquidität sucht nach Qualitätsanlagen.

Simon Rolfes (38) war viele Jahre Mannschaftskapitän bei Bayer 04 Leverkusen. In zehn Jahren machte er für den Verein 288 Bundesligaspiele, in denen er 41 Tore erzielte. Für die Nationalmannschaft lief er 26 Mal auf. Seit Dezember 2018 ist Rolfes Sportdirektor bei Bayer 04. Zu seinen Hobbys zählen die Aktienmärkte. Vor drei Jahren sagte er dem AKTIONÄR: „Man kann an den Kursen ablesen, welche Entwicklungen auf der Welt passieren, welche Produkte die Menschen mögen und welche nicht. Ich finde das sehr spannend.“

Ein Schock für die deutschen Anleger war auch der Wirecard-Skandal. Viele, die die Börse skeptisch sehen, fühlten sich in ihrer Einschätzung bestätigt. Verständlich?

Ich habe nie eine einzelne Wirecard-Aktie besessen. Für jeden besonnenen Anleger gab ja schon seit über zwei Jahren alarmierende Nachrichten und Fragezeichen zur Geschäftspolitik von Wirecard. Denn wenn so etwas in den Medien immer wieder auftaucht, dann muss man von so einer Aktie Abstand nehmen. Das ist eine uralte Regel. 

Trotz Wirecard-Skandal und Corona haben viele junge Leute die Börse entdeckt. Intermezzo oder Dauertrend? 

Ich fände es natürlich schön, wenn die Menschen der Börse treu blieben. Es sollte ja mittlerweile jedem klar sein, dass mit Sparbuch oder Tagesgeldkonto nichts zu holen ist und dass sich das auch nicht groß ändern wird. Die Zinsen werden wohl noch sehr lange weit unten bleiben.  

Leider gibt es trotzdem immer noch viele Leute, die in Sachen Börse nicht differenzieren. Die sprechen immer von den Aktien. Aber es gibt nicht die Aktien. Es gibt ja auch nicht die Immobilien. Man unterscheidet nach Baujahr, Lage, Größe und, und, und. An der Börse gleicht kaum ein Unternehmen dem anderen. Trotzdem werfen viele Menschen alle Firmen und Aktien in einen Topf.  

Top-Trends an der Börse sind seit Monaten Tech, Digitalisierung, Stay-at-home. Glauben Sie, dass diese Entwicklungen nachhaltig sein werden? 

Einige der Trends werden sicher auch nach der Pandemie bleiben. Während des Lockdowns konnte man in manchen Bereichen merken, wie gut Homeoffice oft funktioniert. Videokonferenzsysteme haben sich als ein wertvolles Instrument erwiesen, auf das man auch nach der Krise noch häufig zurückgreifen wird. Viele Dienstreisen dürften dadurch wegfallen. Entscheidend ist jedoch eine realistische Bewertung der Unternehmen in diesen Branchen. Auch in diesem Bereich darf man nicht einfach “blind“ kaufen. 

Zudem hoffe ich, dass Sporttreiben einen neuen Boom erlebt. Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen ist wegen Corona gestiegen – hoffentlich nicht nur kurzfristig. Zwei- bis dreimal die Woche seinen Körper fordern, aktiv sein, fit bleiben, um damit auch besser gegen Krankheiten gerüstet zu sein.

Pappkameraden auf der Tribüne und Maske zum Infektionsschutz. Doch nun hofft Simon Rolfes, Bayer-Sportdirektor und Hobby- Börsianer, auf mehr Normalität.

Anderes Thema: Die Deutsche Fußball Liga plant die Rückkehr von Fans in die Stadien, doch die Politik ist skeptisch. Wann erwarten Sie einen Durchbruch bei den Verhandlungen?

Das ist schwer zu prognostizieren. Wir arbeiten an guten Konzepten und wollen für die Fans absolut kein Risiko eingehen. Ich war vor Kurzem bei einem Fußballspiel in Frankreich. Da waren 5.000 Zuschauer in einer Arena, in die 70.000 reinpassen. Auf dem Weg zum Stadion hat man fast nicht gemerkt, dass da gleich ein Spiel stattfindet. Im Stadion war der Abstand zu den anderen Zuschauern wirklich völlig ausreichend.  

Wir möchten mit unserem Konzept zeigen, dass es sehr wohl möglich ist, sich während der Pandemie ein Fußballspiel anzusehen, ohne große Gefahr zu laufen, sich mit dem Virus anzustecken.  

Ob mit Zuschauern oder ohne: Ihr Meistertipp für die kommende Saison? 

Sehr wahrscheinlich Bayern München. Unser Ziel ist die Qualifikation für die Champions League.

Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 35/2020 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.

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