Seien Sie mal ehrlich: Hätten Sie zu Weihnachten gedacht, dass der DAX schon vor Ostern über 12.000 Punkten notiert? Nein, oder? Nicht einmal die kühnsten Optimisten hätten mit so einer dynamischen Kursrallye gerechnet – und einem Allzeithoch von 12.219,05 Zählern am 16. März. Doch wie geht es weiter?
Zum Jahreswechsel kratzte der DAX noch an der 10.000er-Marke, und selbst die schien nur schwer zu überwinden. Neben großen Konjunktursorgen drückte die Krise in der Ukraine auf die Stimmung. Das Drama rund um den möglichen Grexit nahm damals gerade erst richtig Fahrt auf. Doch dann zückte die Europäische Zentralbank (EZB) die Bazooka und drängte alle Sorgen mit einer nie dagewesenen Liquiditätsschwemme in den Hintergrund. In den nächsten eineinhalb Jahren will die EZB Anleihen im Volumen von mindestens 1,14 Billionen Euro kaufen. Das monatliche Volumen soll 60 Milliarden Euro umfassen.
Ob das Programm langfristig den gewünschten Effekt bringt, ist trotz erster Eckdaten noch unklar. Kurzfristig haben die europäischen Aktienmärkte profitiert – vor allem DAX und Co. Großen Anteil daran hatte die Entwicklung des Euro, der unter massivem Abwertungsdruck geriet. Seit Jahresbeginn rutschte die Einheitswährung gegenüber dem US-Dollar um 13 Prozent auf 1,05 Euro ab. Experten erwarten nach der jüngsten Erholung eine Fortsetzung des Trends.
Das erste Quartal 2015 war ein Quartal der Superlative. Mit einem Plus von 22 Prozent für die ersten drei Monate des Jahres schaffte das Börsenbarometer aber die beste Quartalsentwicklung seit 2003. Doch mit jedem Punkt nach oben, steigt auch die Gefahr eines Rücksetzers. Vor Ostern kam es zu ersten Verschnaufpausen. „Aktien sind auch in einer unter dem Diktat der Zentralbanken stehenden Finanzwelt keine Einbahnstraßen“, sagt Robert Halver. „Auf dem hohen Niveau können jederzeit Gewinnmitnahmen einsetzen“, führt der Kapitalmarktexperte der Baader Bank aus. „Sehnsüchtig auf den Crash warten, um dann einzusteigen, sollte man aber auch nicht. Denn es könnte ein Warten auf Godot werden.“
Neben Impulsen durch die EZB-Bazooka könnte auch aus den USA frischer Rückenwind kommen. Die Wahrscheinlichkeit für einen ersten Zinsschritt durch die US-Notenbank Fed im Juni ist nach dem letzten Arbeitsmarktbericht deutlich gesunken. Erste Stimmen werden laut, dass sich die Fed sogar bis ins kommende Jahr hinein mit einer Anhebung der Leitzinsen Zeit lassen könnte. Aufschluss darüber könnte die heutige Veröffentlichung der Fed-Sitzungsprotokolle vom 17. und 18. März geben – nach Frankfurter Börsenschluss. Aus charttechnischer Sicht bleib der DAX vorerst noch gefangen in seiner Seitwärtsrange zwischen 11.800 und 12.219 Punkte. Doch das dürfte nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm sein.