Der Kalender zeigt den 1. September und für Bitcoin-Anleger beginnt damit traditionell die wohl nervenaufreibendste Zeit des Jahres. Die Anspannung am Kryptomarkt ist förmlich greifbar, denn eine Frage dominiert die Diskussionen: Schlägt der berüchtigte „rote September“ auch in diesem Jahr wieder gnadenlos zu?
Die Statistik spricht eine klare Sprache: Der September ist für den Bitcoin historisch gesehen der schwächste Monat des Jahres. Seit 2013 hat die Kryptowährung Nummer eins in diesem Monat durchschnittlich 3,77 Prozent an Wert verloren. In acht von elf Jahren schloss der Bitcoin den September mit einem Minus ab.
Doch was als statistische Anomalie begann, hat sich längst zu einem psychologischen Markttreiber entwickelt. „Der rote September ist von einer Marktanomalie zu einem monatlichen Psychologie-Experiment geworden“, erklärt Yuri Berg, Berater beim Krypto-Liquiditätsanbieter FinchTrade. „Wir beobachten, wie sich ein ganzer Markt aufgrund historischer Muster in einen Ausverkauf redet, anstatt auf die aktuellen Fundamentaldaten zu blicken.“
Eine selbsterfüllende Prophezeiung?
Das Muster scheint sich jedes Jahr zu wiederholen: Ende August nimmt die negative Stimmung in den sozialen Medien zu, kurz darauf steigen die Einzahlungen von Bitcoin auf die großen Handelsplattformen – ein klares Indiz dafür, dass sich Verkäufer positionieren. Die Angst vor dem Kursrutsch wird so zum eigentlichen Auslöser des Kursrutsches.
Dieser psychologische Druck wird durch handfeste makroökonomische Faktoren verstärkt. Im September tagt traditionell das FOMC-Meeting der US-Notenbank, was für zusätzliche Unsicherheit sorgt und viele Käufer an die Seitenlinie zwingt.
Im hochvolatilen Kryptomarkt, der rund um die Uhr gehandelt wird, können solche Impulse schnell zu einer Lawine führen. Fällt der S&P 500, trennen sich institutionelle Anleger oft zuerst von ihren riskanteren Anlagen wie Bitcoin.
Ist diesmal alles anders?
Trotz der düsteren Vorzeichen gibt es auch Stimmen, die zur Gelassenheit raten. „Die Vorstellung eines ‚roten Septembers‘ ist mehr Mythos als Mathematik“, meint Ben Kurland, CEO der Analyseplattform DYOR. Er argumentiert, dass der Bitcoin-Markt heute reifer und liquider sei als in den Vorjahren. „Institutionelle Zuflüsse durch ETFs und eine breitere Akzeptanz haben für mehr Stabilität gesorgt.“
Tatsächlich konnte der Bitcoin in den letzten beiden Jahren den September-Fluch brechen und den Monat mit einem leichten Plus beenden. Die Verluste haben sich im Fünfjahresschnitt bereits abgeschwächt. Es bleibt also die spannende Frage, ob die gestärkten Fundamentaldaten des Bitcoins ausreichen, um der negativen Saisonalität und der Marktpsychologie standzuhalten.
Wer jedoch einen kühlen Kopf bewahrt, wird sich vielleicht an eine andere Börsenweisheit erinnern: Auf den „roten September“ folgt historisch oft der „Uptober“ – traditionell einer der stärksten Monate für den Bitcoin. Anleger sollten daher weiter an Bord bleiben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin.
01.09.2025, 14:45