Die Tagesschwankungen im DAX im Lauf der Handelswoche waren nichts für schwache Nerven. Auch wenn die Märkte derzeit vom Corona-Virus in ihren Bann gezogen werden, der deutsche Leitindex befindet sich weiterhin im übergeordneten Aufwärtsmodus.
Joachim Goldberg von Goldberg & Goldberg befasst sich seit 40 Jahren mit den Aktienmärkten. Emotionen, Gefühle spielen für ihn an den Börsen eine ganz entscheidende Bedeutung, um daraus Möglichkeiten und ein optimales Entscheidungsverhalten im Zuge von Kauf- und Verkaufsentscheidungen abzuleiten. DER AKTIONÄR sprach mit Joachim Goldberg über die aktuelle Lage an den Märkten.
DER AKTIONÄR: Herr Goldberg, warum fällt es Anlegern grundsätzlich leichter, Aktien auf Höchstniveau statt nach einem Einbruch zu kaufen?
Joachim Goldberg: Ich würde generell nicht behaupten wollen, dass Anleger gerne auf Höchstniveaus einsteigen. Denn das käme dem Eingeständnis gleich, zu lange abgewartet zu haben. Auf der anderen Seite ist mit der steilen Bewegung nach oben natürlich ein weiterer Beweis erbracht, dass der Aktienmarkt stark ist. Und solche Beweise brauchen Anleger. Umgekehrt kann ein massiver Crash als sichtbarer Beleg dafür gelten, dass es dem Markt nicht gut geht. Wenn alle negativ eingestellt sind, kauft man selbst auch nicht gerne.
Am Ende eines Bullenmarktes kommt es immer wieder zu Euphorie-Phasen. Sind wir bereits in solch einer Phase angekommen?
Bislang zeigten sich die Anleger noch erstaunlich gelassen. Dies zeigt etwa die jüngste Umfrage der Börse Frankfurt. Und solange der Anteil der Skeptiker noch so hoch ist wie zuletzt, kann man nicht von Euphorie sprechen. Mit anderen Worten: Es sind längst noch nicht alle Investoren eingestiegen.
Stichwort Nullzinsen. Wie hoch muss der Leidensdruck der Menschen sein, um endlich in Aktien zu investieren?
Joachim Goldberg: Viele Menschen werden nie in Aktien investieren, weil sich schlichtweg zu risikoavers sind und außerdem glauben, sich mit diesen Papieren nicht gut genug auszukennen. Außerdem wird der Handel mit Aktien immer noch mit „Spekulation “ gleichgesetzt. Und Spekulieren gilt vielerorts als unmoralisch. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass in einer Euphorie-Phase die Zahl der Anleger schon deswegen ansteigen wird, weil „der Nachbar“, also jemand aus dem eigenen Umfeld, womöglich bereits erfolgreich in diesem Markt unterwegs war. Die Gewinne der anderen wirken häufig sehr ansteckend!
Herr Goldberg, vielen Dank für das Interview.