Jahresendrally – Top-Chancen zum Schluss, titelte DER AKTIONÄR in der vergangenen Woche und hatte ein glänzendes Timing. Keine 24 Stunden, nachdem das E-Paper erhältlich war, gingen die Aktienkurse durch die Decke. Der Inflationsdruck hat in den USA stärker als erwartet nachgelassen – die Verbraucherpreise stiegen im Oktober nur um 7,7 statt der erwarteten 7,9 Prozent. Es war zudem der vierte Rückgang in Folge.
Darüber hinaus hat sich die Stimmung der US-Verbraucher im November stärker als erwartet eingetrübt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima sank zum Vormonat um 5,2 Punkte auf 54,7 Punkte. Volkswirte hatten mit einem leichten Rückgang auf 59,5 Punkte gerechnet.
Damit steigt die Hoffnung, dass die Fed in Sachen Zinserhöhungen den Fuß vom Gas nimmt.
Es gibt bekanntlich wenig, was die Aktienmärkte so sehr verabscheuen wie steigende Zinsen. Durch sie werden zum einen Kredite teurer, was die allgemeine Nachfrage abwürgt und zudem die Gewinne der Unternehmen schmälert, zum anderen wird ein Investment in festverzinsliche Wertpapiere attraktiver. Die Rendite von US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren war vor Kurzem wieder über vier Prozent geklettert. Seit den Inflationsdaten sind die Renditen deutlich zurückgekommen.
Der Rückgang der Inflation fällt in einen Zeitraum, der auch unter einem anderen Aspekt höchst interessant für die Anleger ist: Die Zwischenwahlen in den USA (Midterms) sind vorbei, was in der Vergangenheit stets der Startschuss für eine hervorragende Börsenphase war. Seit 1950 notierte der S&P 500 nach jeder Zwischenwahl sechs und zwölf Monate später im Plus. In 25 von 36 Zeiträumen ging es mit dem Index sogar zweistellig nach oben. Zwei Jahre nach den Midterms, also dann, wenn das Land den Präsidenten wählt, stand der S&P 500 im Durchschnitt 34 Prozent höher.
Zu erklären ist das Midterm-Phänomen am ehesten mit dem Ende der Unsicherheit, die vor den Zwischenwahlen die Märkte lähmt. Im Wahlkampf müssen Politiker auf sich aufmerksam machen, und das gelingt ihnen am besten, indem sie nach – teils radikalen – politischen Veränderungen rufen. Nach den Midterms beruhigen sich die Gemüter schnell wieder, die allermeisten Forderungen verlaufen im Sande. Die Märkte kommen mit Stillstand nun einmal viel besser zurecht als mit Reformen, die die Unternehmenslandschaft Amerikas vor unklare Herausforderungen stellen.
Das Ergebnis der Midterms steht erst zur Hälfte fest. Der US-Senat bleibt unter Kontrolle der Demokraten, im Repräsentantenhaus sieht es schwer nach einer Mehrheit der Republikaner aus. Sie kommen aktuell (Stand Montag) auf 217 Sitze, die Demokraten auf 205. Für eine Mehrheit in der Kammer sind 218 Sitze nötig.
Die Konstellation „demokratischer Präsident, Patt im Kongress“ gefällt der Börse – historisch gesehen – am besten. Nach dem Krieg kam es vier Jahre lang zu dieser Zusammensetzung – im Schnitt legte der S&P 500 13,6 Prozent im Jahr zu.
Die Chancen für eine positive Börsenphase nach den Midterms stehen nicht nur wegen der zurückgehenden Inflation gut. Amerikanische Aktien sind nach der monatelangen Talfahrt zwar nicht zu Schnäppchenpreisen zu haben, allerdings liegt das KGV des S&P 500 nun bei 18 und damit unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (18,4).
Auf den folgenden Seiten lesen Sie über fünf US-Aktien, bei denen sowohl die Investmentstory als auch der Chart passen – und bei denen in den kommenden Monaten eine ordentliche Rendite zu holen sein sollte.