Die Luxusstrategie von Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius gerät angesichts des spürbaren Gewinneinbruchs zunehmend in die Kritik. Auf der Hauptversammlung machen die Aktionäre ihrem Unmut Luft und fordern eine Antwort auf die Frage, wie es mit der Strategie des Autobauers weiter geht. Ist der Fokus auf hochpreisige Modelle noch zeitgemäß, oder braucht es einen Plan B?
Ingo Speich, Nachhaltigkeitschef der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment, ließ kein gutes Haar an der bisherigen Umsetzung der Luxusstrategie: „Wunsch und Wirklichkeit des Mercedes-Managements liegen immer weiter auseinander.“ Zwar sei es zu früh, die Strategie komplett zu verwerfen, doch die bisherigen Ergebnisse enttäuschen. Ähnlich sieht es Moritz Kronenberg, Fondsmanager von Union Investment. Er kritisiert, dass die Preise für Mercedes-Modelle mittlerweile zu hoch seien. „Källenius braucht einen Plan B, falls der Luxusansatz scheitert“, so Kronenberg.
Die Strategie, die Mercedes-Benz vor drei Jahren eingeschlagen hat, zielt darauf ab, mit hochpreisigen, luxuriösen Modellen zweistellige Renditen zu erzielen. Doch die Realität sieht anders aus: Nach einer kurzen Sonderkonjunktur in puncto Gewinnentwicklung während der Corona-Pandemie ist die weltweite Autonachfrage eingebrochen und mit ihr die Gewinne der Autobauer. Besonders in China, dem wichtigsten Markt für deutsche Hersteller, setzen harter Wettbewerb und die schnelle Umstellung auf Elektroautos den Konzern unter Druck.
US-Zölle und Luxusmüdigkeit
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind die US-Importzölle. Laut einem Bericht von Business Insider stammen fast zwei Drittel der Mercedes-Fahrzeuge, die in den USA verkauft werden, aus dem Import. Die unklaren Zollbelastungen zwangen Källenius vergangene Woche, die Jahresprognose zu korrigieren. Statt der ursprünglich erwarteten Marge von sechs bis acht Prozent bei Pkws droht im schlimmsten Fall ein Rückgang auf nur drei Prozent.
Die Deutsche-Bank-Tochter DWS sieht zusätzliche Risiken: „Wie belastbar sind die Wachstumsannahmen im Luxussegment mittel- bis langfristig?“, fragte DWS-Vertreter Hendrik Schmidt. Er unterstützt den Luxusfokus grundsätzlich, warnt jedoch vor einer möglichen „Luxusmüdigkeit“ und schwacher Nachfrage.
Källenius bleibt optimistisch
Trotz der Kritik hält Ola Källenius an seiner Strategie fest. Er verweist auf Prognosen, die ein globales Vermögenswachstum und eine steigende Zahl wohlhabender Haushalte erwarten. „Ausgehend davon sehen wir weiteres Wachstumspotenzial, besonders in den oberen Segmenten des Automarktes“, betonte der Vorstandschef. Langfristig rechnet Mercedes daher mit höheren Wachstumsraten im Luxussegment als im Gesamtmarkt.
Während Källenius auf steigenden Wohlstand und eine wachsende Nachfrage nach Premiumfahrzeugen setzt, häufen sich die Warnsignale. Anleger sollten daher vorerst an der Seitenlinie bleiben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Mercedes-Benz.