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30.05.2015 Nikolas Kessler

Ex-Fußballprofi und Börsenexperte Oliver Roth: „Börse ist kein Hexenwerk“

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Fußballprofi und DFB-Pokalsieger mit Borussia Dortmund, Kapitalmarktstratege und neuerdings auch Buchautor: Oliver Roth hat gleich mehrere Karrieren hingelegt. Im Interview mit dem AKTIONÄR spricht der 47-jährige über seine Erfahrungen im Profifußball, die aktuelle Verfassung der Märkte und wie sich die Börse in den letzten 25 Jahren verändert hat.

DER AKTIONÄR: Herr Roth, Sie haben die Fußballschuhe an den Nagel gehängt, um Börsenhändler zu werden. Wie kam es dazu?

Oliver Roth: Fußballprofi zu werden war immer mein Traum. Im Profifußball angelangt wurde mir aber sehr schnell klar, dass nicht immer die besten 11 spielen, sondern oft die mit den besten Beziehungen zum Trainer – das war nicht meine Welt. Ich erkannte, dass dieser Traumberuf doch nicht das ist, was ich mir erhofft hatte. Deshalb habe ich die Notbremse gezogen und bin mit etwas Glück und Geschick an der Börse gelandet.

Gibt es Parallelen zwischen Fußballplatz und Börsenparkett?

Es gibt sehr viele Parallelen, zum Beispiel im Bezug auf Dynamik. Wenn man sich heute ein Fußballspiel von 1974 anschaut, wirkt es quälend langsam. Das moderne Spiel ist dynamischer, es geht um Handlungsschnelligkeit und um taktische Finesse. An der Börse ist die Entwicklung ähnlich: Computerprogramme, Algorithmen, Technologisierung – das hat die Börse sehr viel schneller gemacht. Pico-Sekunden entscheiden heute über Gewinn und Verlust.

Wie hat sich das Geschehen an der Börse sonst verändert?

Die Europäische Union nimmt mittlerweile sehr großen Einfluss auf das Geschehen an den Finanzmärkten, zum Beispiel beim Anlegerschutz. Mitunter allerdings an den falschen Stellen und weit über das Ziel hinaus. Der unzureichend regulierte Derivate-Markt, wo die letzte Finanzkrise entstanden ist, wurde nicht reguliert. Der administrative und organisatorische Aufwand für einfache Börsengeschäfte ist heute ungleich größer. Lag er zu Beginn bei fünf Prozent, so liegt er heute bei 35 oder 40 Prozent. Das war leider ein klassisches Beispiel von wildem Aktionismus in Kombination mit harter Lobby-Arbeit der Banken.

Sie haben die Höhen und Tiefen an der Börse live miterlebt. Was waren Ihre Highlights?

Die Crashs bleiben natürlich stark in Erinnerung. Die wahnsinnigen Kursbewegungen, die man in solchen Phasen mitmacht. Zum Beispiel 2008, als der Dow Jones über 500 Punkte leichter eröffnet hat und innerhalb von 60 Sekunden wieder auf null gedreht ist. Man erlebt an den Märkten tiefe Depression wie ab 2008, aber auch absolute Hochgefühle bis zum Jahr 2000. Die Höhepunkte für mich sind persönliche Begegnungen. Mein Highlight war dabei ein Besuch von Norbert Blüm, mit dem ich in aller Ruhe über das Rentensystem, die Börse und die Finanzmärkte diskutieren konnte.

Zehn bis zwölf Stunden Arbeitszeit pro Tag sind für einen Börsenhändler keine Seltenheit. Was fasziniert Sie an der Börse?

Als ich damals angefangen habe, hat mich das altehrwürdige Börsengebäude und der internationale Charakter der Börse sofort in den Bann gezogen. Hier herrschte eine lockere Atmosphäre, man ging kumpelhaft und mit offenem Visier miteinander um. Dazu gehörte auch ein gewisser Ehrenkodex – dass man sein Wort hält, wenn man es gegeben hat. Wenn man mit Kollegen aus dieser Zeit zu tun hat, ist das auch heute noch so. Außerdem ist es die Unberechenbarkeit, die mich fasziniert. Wenn ich morgens den Arbeitsplatz betrete, weiß ich nie, was auf mich zu kommt – das ist das Salz in der Suppe. Dafür nehme ich auch gerne in Kauf, dass ich keinen 9-to-5-Job habe.

Trotzdem hab Sie sich die Zeit genommen, um ein Buch zu schreiben. Was ist das Besondere an „Earning By Doing“?

Ich möchte zeigen, dass Börse kein Hexenwerk ist, sondern ein Handwerk, das man lernen kann. Mit dem Buch möchte ich Menschen für die Börse begeistern und ihnen einen Leitfaden zur Geldanlage im Allgemeinen und für die Börse im Speziellen geben. Mein Buch beginnt deshalb mit einer Einführung, damit sich auch Anfänger an der Börse zurechtfinden können. Ich weise aber auch auf Fehler in unserem Finanzsystem und in unserer Denkweise beim Thema Geld hin. Außerdem gebe ich den fortgeschrittenen Lesern Strategien an die Hand, mit denen sie an der Börse aktiv sein können. Aktien sind sinnvoll für jeden, der ein paar Euro übrig hat. Wer wohlüberlegt und langfristig in Aktien investiert, kann mit Abstand die höchste Rendite erreichen.

Sollte man auf dem aktuellen Niveau noch einsteigen?

In der aktuellen Situation würde ich nichts überstürzen. Die Maßnahmen der EZB wirken wie Doping auf die Märkte. Wenn man das Thema Aktien langfristig angehen will, sollte man sich gedulden, anstatt sich von einem provisionsgelenkten Finanzsystem immer wieder einreden zu lassen, dass man investiert sein muss.

Und Anleger, die schon investiert sind: Sell in May and Go away?

Wer den Anstieg mitgemacht hat, sollte vorerst auch dabei bleiben. Das Doping der EZB in Form von billigem Geld wird ja voraussichtlich noch mindestens ein Jahr weitergehen. Kurzfristige Anleger sollten sich durch intelligente Ordertypen gegen Verluste absichern.

Viele fürchten aber mittlerweile einen neuen Crash. Wie hoch ist das Risiko?

Den genauen Zeitpunkt für Börsencrashs kann niemand voraussagen. Natürlich – wenn man jeden Tag sagt „Der Crash kommt“, dann wird man irgendwann auch mal richtig liegen. Aber momentan ist es nicht ersichtlich, dass es dazu kommt. Wir sind auf einem Niveau, auf dem eine zwischenzeitliche Korrektur auch wirklich nur eine Korrektur ist. Den Märkten steht derzeit nur Griechenland im Weg. Sonst würde der DAX wahrscheinlich schon bei 14.000 Punkten stehen. Noch wirkt das Doping leistungssteigernd auf die Märkte. Aber wie das eben beim Doping so ist, kann sich die Wirkung auch umkehren.

Herr Roth, vielen Dank für das Interview.

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