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21.07.2016 Florian Söllner

Sony vs. Nintendo: „Ich. Liebe. Dich“

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Du kommst an einem anstrengenden Arbeitstag durchgefroren nach Hause. Doch an der Tür musst du lächeln: Dir reicht überraschend jemand eine warme Tasse Kaba. „Schön, dich zu sehen, Buddy – Essen ist fertig.“ Dein neuer bester Freund ist hochintelligent: Er kennt deine Essensvorlieben, deinen Tagesablauf, deine Gesundheitsdaten und weiß per Wetterdaten, dass dir heute kalt ist. Während du weg warst, hat er die Wohnung aufgeräumt, deine Lieblings-Chips bestellt und wartet nun im Wohnzimmersessel darauf, mit dir eine Runde Sony Playstation zu spielen. Dein neuer bester Freund, der nie deinen Geburtstag vergisst, nie rülpst und immer ehrlich ist, hat nur einen Haken: Er ist zu perfekt – es ist ein Roboter. Sony wird wohl schon bald solch eine Armee moderner Sklaven produzieren. So gab der japanische Elektronik- Riese nun in einem Mehrjahresausblick bekannt: „Wir entwickeln einen Roboter, der fähig ist, eine emotionale Beziehung mit dem Menschen einzugehen – er soll Liebe und Zuneigung auslösen“, teilten die Japaner mit. Schon der Firmenname ist vom Wort „Sunny“ (heiter) abgeleitet. Den Japanern ist tatsächlich zu zutrauen, den bisher distanzierten, kalten Robotern ein „Herz“ einzupflanzen beziehungsweise sie menschlicher erscheinen zu lassen. In Ansätzen gelang dies bereits mit dem bis 2006 produzierten Roboterhund Aibo. Das neue Projekt verspricht ungleich mehr Potenzial. Die Expertise in den Bereichen künstliche Intelligenz und Robotik will Sony auch einsetzen, um smarte Produkte für die Industrie zu entwickeln.

Drohnen und Games statt PC Der Walkman-Erfinder war lange Zeit der Inbegriff für Innovation. In den 1990er-Jahren brachten die Japaner jährlich 500 neue Produkte auf den Markt. Der Siegeszug von Apple sorgte schließlich für starken Gegenwind in der PC- und Smartphone-Sparte. Ein Problem, dass Sony mittlerweile elegant gelöst hat: Die PC-Sparte wurde 2014 komplett verkauft. Auch im Kampf gegen das unbezwingbare iPhone des US-Konkurrenten änderte Sony die Strategie: Man verzichtet bewusst auf große Stückzahlen der eigenen Markenmodelle. Gleichzeitig beliefert man jedoch Dutzende schnell wachsende chinesische Smartphone- Hersteller wie Cubot und Umi mit Sensoren für die Kamera- und Videofunktion, was lange Zeit für starkes Wachstum sorgte.

Zwar gerät auch in China der Smartphone- Markt an seine Grenzen. Doch Sony hat alle Trümpfe in der Hand, um seine erstklassigen Bildsensoren auch künftig lukrativ an den Mann bringen. So vollzogen die Japaner nun den Einstieg in den Markt für Drohnen, die mit Sony-„Augen“ die Welt erkunden. Zudem wird die Forschung im Bereich Roboterauto intensiviert. Klar ist: Die Autos von morgen werden selbstständig fahren und die Umgebung mit hochpräzisen Bildsensoren auch von Sony abtasten.

Der Durchbruch bei Robotern – ob im Wohnzimmer, auf der Straße oder in der Luft – dürfte die Sony-Einnahmen in den nächsten zehn Jahren deutlich beflügeln. Schon jetzt für klingelnde Kassen sorgen die Innovationen im starken Gaming-Bereich. Seit Jahren zieht die Sony Playstation dem Rivalen Nintendo und Microsoft davon. Und jetzt stehen die Japaner kurz vor einem weiteren Wachstumsschub in diesem Bereich: Eine Brille für den Zugang zu virtuellen Spielewelten wird ab Oktober die erfolgreiche Playstation 4 ergänzen. Zudem steht zu Weihnachten ein 4K-Update der Konsole an. Die Playstation VR soll „völlig neue Spielmöglichkeiten“ eröffnen: Auf dem maßgeschneiderten OLEDBildschirm werden Bilder im 360-Grad- Sichtfeld mit 120 Hz angezeigt. Dank der 3D-Audioeffekte können Gamer genau bestimmen, woher ein Geräusch kommt. „So verlierst du dich in Spielen – mittendrin statt nur dabei“, so Sony. Die Japaner zünden gerade eine große Werbekampagne, welche die Nachfrage nach der 3D-Brille bereits entfacht hat. So berichtet das US-Fachmagazin Gamespot, dass Sony die Stückzahlen für die Handelskette Gamestop erhöht hatte. Dennoch: Die zur Vorbestellung freigegeben VR-Produkte seien innerhalb weniger Minuten vergriffen gewesen. Die offizielle Prognose für das laufende Jahr lautet auf einen Absatz von 20 Millionen Playstation – fast so viele wie im Rekordjahr 2003, als 23 Millionen über die Ladentische gingen. Doch dieses Mal wird die VR-Brille für weitere Umsätze sorgen – jeder zehnte Kunde dürfte sich neben der Konsole auch die rund 400 Dollar teure Brille leisten, was einem Zusatzumsatz von fast einer Milliarde Dollar entspräche.

Wachstum auch 2018 Die Analysten der Deutschen Bank haben jetzt die Sony-Aktie von „Halten“ auf „Kaufen“ gestuft. Hauptargument: Die Experten gehen davon aus, dass sich der Playstation- Hype auch nach 2016 und 2017 fortsetzt: „Das Wachstum wird auch 2018 anhalten.“ Das laufende 2016er-KGV ist mit 37 sehr hoch. Doch im nächsten Jahr wird sich der Gewinn mehr als verdoppeln, womit das 2017er-KGV bei 15 liegt. Eine attraktive Bewertung, zumal das Wachstum dank der starken Positionierung über Jahre hinweg anhalten sollte.

Sony steht vor einem wichtigen Wachstumsimpuls durch die Einführung der Playstation VR. Zudem gefallen die Chancen in Zukunftsbereichen wie Roboterautos, Drohnen und Heimroboter. Sony hat seit seiner Gründung im Jahr 1946 dank mutiger Ideen alle Krisen überstanden und wird auch die Zukunft meistern. Vieles spricht dafür: Wenn Sie im Jahr 2021 auf ihrem Wohnzimmersofa sitzen und per VR-Brille den stark gestiegenen Sony- Aktienchart der letzten Jahre betrachten, könnte sich eine kalte Hand auf Ihre Schulter legen und Sie hören: „Gut gemacht, mein Freund.“

Dieses Artikel erschien in der Ausgabe 29/16 von DER AKTIONÄR.

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