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Thomas Gebert: Warum haben sich die deutschen Aktienkurse in der Vergangenheit so schlecht entwickelt?

Thomas Gebert: Warum haben sich die deutschen Aktienkurse in der Vergangenheit so schlecht entwickelt?
Foto: Jörg Baumann, Deutsche Börse; Jörg Baumann
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Jochen Kauper 22.07.2019 Jochen Kauper

Vom Sommer 1960 bis zum Jahresanfang 2019 haben sich die deutschen Aktienkurse, gemessen am mit historischen Kursen zurückgerechneten DAX, versiebzehnfacht. Klingt toll. Umgerechnet aufs Jahr ergibt das einen Zuwachs von fünf Prozent. Die mittlere Inflationsrate in dieser Zeit betrug 2,8 Prozent.

"Inflationsbereinigt konnte sich ein Aktienanleger in den letzten 59 Jahren also über einen durchschnittlichen Zuwachs von 2,2 Prozent pro Jahr freuen, inklusive der gezahlten Dividenden. Eigentlich lausig. In diese Zeitspanne fielen das Wirtschaftswunder und der Boom der Neunzigerjahre. Trotzdem konnte der reale Zuwachs der Aktienkurse noch nicht einmal mit dem realen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes standhalten", sagt Börsenexperte und Buchautor Thomas Gebert. Wie kam es zu diesem schwachen Abschneiden der heimischen Valoren? 

"Zunächst einmal fallen da einige Firmen im deutschen Aktienindex auf, die komplett versagt haben. Die Stromversorger, deren Kurse sich in der Spitze zwischendurch gezehntelt hatten, können nichts für ihr Schicksal. Die auf einen Tsunami zurückgehende Flutkatastrophe in Japan im Jahre 2011, bei der 25.000 Menschen ertrunken sind, wurde hierzulande in eine Atomkatastrophe umgedeutet, obwohl durch die Radioaktivität des überschwemmten Kernkraftwerks nicht ein einziger Mensch ums Leben gekommen ist. Im Gegenteil, im Abschlussbericht der japanischen Regierung wurde festgestellt, dass es besser gewesen wäre die Gegend um das Atomkraftwerk nicht zu evakuieren", sagt Gebert. 

"Durch die Evakuierung sind mehr Menschen ums Leben gekommen, als durch die Radioaktivität gestorben wären. Durch die angestachelte Hysterie, sie wären verstrahlt, haben viele Menschen einen Herzinfarkt erlitten oder sich das Leben genommen. Unsere Stromversorger wurden daraufhin durch den Beschluss ihre Kernkraftwerke abzuschalten quasi enteignet. Ich stamme aus der Stadt einer dieser Stromversorger und kenne viele, die aufgrund dieser Entscheidung ihre in RWE-Aktien angelegte Altersversorgung verloren haben. Auch mit der Allianz-Aktie, die früher im Börsenfernsehen immer als der blaueste aller Blue Chips bezeichnet wurde, die man in die Schublade legen und niemals verkaufen sollte, konnte man fast seinen gesamten Einsatz verlieren", sagt Gebert.


DAX (WKN: 846900)

Vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2003 zehntele sie sich fast, was irgendwie einem Totalverlust gleichkommt. "Von der Deutschen Telekom brauchen wir nicht reden. Die Geschichte kennt jeder. Manfred Krug und Charles Brauer kann man das Desaster nicht anlasten. Sie sind für ihre Schauspielerei bezahlt worden. Über Karstadt und Kaufhof ist die Zeit einfach hinweggegangen. Man kauft heute anders ein. Auch Siemens, enttäuschte. Von 1968 bis heute konnte die Aktie nur 1,4 Prozent pro Jahr real zulegen. Dabei war Siemens einmal auf allen Zukunftsfeldern tätig, der Datenverarbeitung, der Telekommunikation, der Chipherstellung und der Softwareentwicklung. Warum ist aus Siemens kein Microsoft, kein Apple, kein Google und kein Intel geworden? Da kann man die Skepsis vieler Menschen gegenüber der Aktienanlage sogar verstehen. Wie heißt es so schön: „Was ist ein Pessimist?“, „Ein erfahrener Optimist“", lautet das Fazit von Thomas Gebert.

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