FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt dürften nach der jüngsten Erholungsrally guten Mutes in die neue Woche gehen. Vor einigen Tagen hatte ein kurzer Rutsch des Dax
"Mangels Anlagealternativen hält sich die Abgabebereitschaft der Marktteilnehmer augenscheinlich weiterhin in Grenzen, auch wenn Umfragen unter Investoren gerade hierzulande inzwischen nachlassenden Optimismus signalisieren", kommentierte Analyst Markus Reinwand von der Landesbank Helaba. Wie er beobachtete, werden Kursrücksetzer rasch wieder aufgeholt - unter anderem wegen der jüngsten Erfahrung, dass Aktien auch in schwierigen Zeiten steigen. Anleger wunderten sich, warum die Kurse gerade jetzt fallen sollten, wo die Wirtschaft wieder an Fahrt aufnimmt.
Marktexperte Robert Halver von der Baader Bank sieht die "entscheidende Gretchenfrage" weiter in der Frage nach Zinssteigerungen, nachdem die US-Finanzministerin Janet Yellen jüngst die Erwartung äußerte, dass bald höhere Zinsen möglich werden könnten - und damit der Notenbank in die Parade fuhr, die zuletzt immer wieder beschwichtigt hatte. Börsianer fürchten, dass eine schnelle Erholung der Wirtschaft in einer Zeit nach der Pandemie gemeinsam mit einer dann steigenden Inflation die US-amerikanischen Währungshüter zum Handeln zwingen könnte.
Halver aber baut darauf, dass die Notenbanken die Anleger vorerst nicht im Stich lassen werden. Prinzipiell sieht er in Zeiten der Pandemie in dem Zusammenspiel aus lockerer Fiskal- und Geldpolitik ein ordentliches Sicherheitsnetz. Der Marktexperte glaubt auch, dass das Zinsargument in den Augen vieler Marktteilnehmer zuletzt überstrapaziert wurde. Und an diesem Freitag zeigte sich, dass die Erholung am US-Arbeitsmarkt im April praktisch zum Erliegen gekommen ist. Laut dem Marktbeobachter Thomas Altmann von QC Partners lässt dies die Stimmen für eine restriktivere Geldpolitik verstummen.
Glaubt man dem Analysten Markus Reinwand von der Landesbank Helaba, ist die Börsenregel "Sell on good News" vor dem Hintergrund der laufenden Berichtssaison derzeit der bessere Ratgeber als die "Sell in May"-These. Dabei können gute Nachrichten zu einem Ausverkauf führen wie am vergangenen Dienstag bei dem Chipkonzern Infineon
In der neuen Woche bleiben die Blicke dennoch weiter auf die Berichtssaison gerichtet. Am Montag berichtet der Corona-Impfstoffpionier Biontech
In den Tagen danach folgt eine Flut an Zahlen mit diversen Dax-Konzernen, darunter am Dienstag zunächst der Energiekonzern Eon
Konjunkturell bewertet Anlagestratege Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank die Agenda in der neuen Woche als "überschaubar". Die Blicke der Anleger richteten sich wegen der Inflationsbedenken vor allem auf die US-Verbraucherpreise am Mittwoch. "Diese dürften der Inflationsdebatte zusätzliche Nahrung liefern", so der Experte. Er rechnet mit einer vorübergehend hohen Gesamtinflationsrate von 3,5 Prozent./tih/la/zb
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX