Am Freitag will die Konzernspitze von Volkswagen erstmals öffentlich Stellung zu den umstrittenen Aussagen des Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch nehmen. In einer dreistündigen Sitzung am Donnerstag diskutierte die VW-Spitze über die Zukunft von Konzernchef Martin Winterkorn.
„Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Mit diesem Satz hat VW-Patriarch Piëch vergangenen Freitag im Interview mit dem Spiegel für Aufsehen gesorgt. Völlig unerwartet kam sein designierter Nachfolger Winterkorn damit unter Druck. Der erwartete Wechsel an die Aufsichtsratsspitze im Frühjahr 2017 hat sich damit wohl erledigt. "Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen", so Piëch im Spiegel.
Am Freitag ist der Konzernchef zwar noch im Amt, es könnte allerdings sein letzter Tag sein. Laut Insidern ist eine offene Frontenbildung gegen den Patriarchen Piëch unwahrscheinlich. Die zwei Vertreter des Großaktionärs Niedersachsen und die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat haben sich zwar zu Winterkorn bekannt. Und auch Wolfgang Porsche, der Sprecher des Porsche-Familienzweigs hatte Piëchs Äußerungen als „Privatmeinung“ bezeichnet. Einen Treueschwur für Winterkorn sprach Wolfgang Porsche allerdings nicht aus. Zudem stellt sich die Frage, ob die eigene Familie Piëch im entscheidenden Moment wirklich in den Rücken fällt.
Vorteil Piëch
Bisher ist Ferdinand Piëch aus fast jeder Schlacht siegreich hervorgegangen. Selbst wenn ihm die Verbündeten ausgehen sollten, ist ein erneuter Sieg des Patriarchen durchaus möglich. Zum einen wird Winterkorn – auch wenn er an der Konzernspitze weitermachen dürfte – nie mehr so mächtig sein, als vor dem Spiegel-Interview. Zum anderen spielt die Zeit Piëch in die Karten. Durch das Schweigen kommt sein Ziehsohn Winterkorn immer weiter unter Druck. Die Spekulationen über die Motive Piëchs lassen die Macht des Vorstandschefs weiter schrumpfen. Egal, ob es der schlechte Absatz in den USA, die Ambitionen von Winterkorn auf den Aufsichtsratsvorsitz oder gar Winterkorns Fußballbegeisterung Schuld an den Diskrepanzen sind, das zunehmende Machtvakuum spielt wieder einmal der Familie um Piëch in die Karten.

Halten
Die Aussagen am Freitag werden mit Spannung erwartet. Kurzzeitig könnten die Probleme auf Führungsebene die Aktie von Volkswagen belasten. Langfristig bleibt der DAX-Riese aber weiterhin attraktiv. Die Rendite sollte auch in den kommenden Jahren stimmen. Anleger lassen sich von den Tagesschwankungen deshalb nicht beunruhigen.
(Mit Material von dpa-AFX)