+++ 5 Top-Titel zum Sonderpreis +++
Foto: Börsenmedien AG
31.05.2014 Jens Aichinger

Google: Recht zum Vergessenwerden wird umgesetzt

-%
DAX

Google beugt sich europäischem Recht: Europäer können ab sofort die Löschung unerwünschter Suchergebnisse über sie beantragen. Der US-Konzern stellte am Freitag ein entsprechendes Formular ins Netz.

Damit setzte Google nach gut zwei Wochen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Recht auf Vergessenwerden im Internet um. Google-Chef Larry Page zeigte sich offener für europäische Datenschutz-Bedenken, warnte aber zugleich vor möglichen negativen Folgen des EuGH-Urteils für Innovationen und Demokratie.

Google schaltete am Freitag ein Formular frei, mit dem man die Entfernung von Suchergebnissen verlangen kann. Die Antragsteller müssen die Forderung zu jedem Link begründen und die Kopie eines Ausweises hochladen, um einen Missbrauch der Funktion zu vermeiden. Google werde jede Anfrage individuell prüfen und zwischen den Datenschutzrechten des Einzelnen und dem Recht der Öffentlichkeit auf Auskunft und Informationsweitergabe abwägen, hieß es.

Die Ausweispflicht stieß auf Kritik des in Deutschland für Google zuständigen Hamburger Datenschützers Johannes Caspar. Die automatisierte Speicherung des Personalausweises durch nicht-öffentliche Stellen sei laut Gesetz nicht zulässig, erklärte er. Google müsse nun "unverzüglich nachbessern". Das Formular verlangt nach einer "Kopie Ihres gültigen Führerscheins, Personalausweises oder eines anderen gültigen Lichtbildausweises".

Der EuGH hatte entschieden, dass Europas Bürger Google dazu verpflichten können, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit aus dem Netz verschwinden zu lassen. Google müsse die Verweise aus seiner Ergebnisliste entfernen, wenn dort enthaltene Informationen das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz einer Person verletzen. Die Informationen können dabei auch weiterhin im Netz verfügbar bleiben.

Google macht keine Angaben dazu, wie lange die Bearbeitung der Anträge dauern könnte und wie viele Mitarbeiter dafür abgestellt worden seien. Der Konzern habe bereits einige tausend Anfragen erhalten. Sie müssten erneut über das neue Formular gestellt werden. Gelöscht werden nur Links in Google-Diensten in den 28 EU-Ländern sowie Island, Norwegen, Lichtenstein und der Schweiz - nicht aber etwa in der Domain "Google.com".

Vieles sei für die Umsetzung des Urteils noch unklar - zum Beispiel, nach welcher Frist die Links zu den Informationen gelöscht werden sollten, sagte ein Sprecher. Google rechnet damit, dass Streitfälle vor Gericht landen werden.

Google-Chef Page warnte, die EuGH-Entscheidung könne jungen Internet-Startups schaden. "Wir sind ein großes Unternehmen und wir können auf solche Sorgen antworten und Geld dafür ausgeben, es ist kein Problem für uns", sagte er der "Financial Times". Ein Google, das noch aus drei Leuten in einer Garage bestand, hätte es aber härter getroffen. Er befürchte auch, dass dies ein ermutigendes Signal für Regierungen sein könnte, die Online-Zensur betreiben.

"Wir versuchen, europäischer zu sein", sagte Page der "Financial Times". Der Konzern wolle die Datenschutz-Problematik stärker aus dem europäischen Blickwinkel betrachten. Zugleich appellierte er erneut, Daten von Menschen mutiger zum Beispiel für medizinische Forschung einzusetzen. "Ich denke, wenn wir Gesundheitsdaten quer durch Europa und die USA teilen würden, könnten wir 10 000 Leben in diesem Jahr retten. In 10 oder 20 Jahren sind wir vielleicht soweit, aber in der Zwischenzeit sterben Menschen."

Google betont, dass man bei der Prüfung der Löschanträge untersuchen werde, ob es ein öffentliches Interesse an den Informationen gebe - zum Beispiel, ob es um finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Regierungsbeamten geht.

Google bildet zugleich einen Beirat, der den Konzern beim Umgang mit dem Problem beraten soll. Dem Beirat gehört unter anderen der Gründer des Online-Lexikons Wikipedia, Jimmy Wales, an, der die EuGH-Entscheidung scharf als Schritt zur Zensur kritisiert hatte.

In dem vom EuGH behandelten Fall hatte ein Spanier geklagt, dessen Grundstück vor mehr als 15 Jahren zwangsversteigert wurde. Die Informationen über die Pfändung wurden 1998 in einer spanischen Zeitung und im Internet veröffentlicht. Der Betroffene wandte sich dagegen, dass Google bei der Eingabe seines Namens einen Link dazu anzeigte. Die Pfändung verdiene keine Erwähnung mehr. Der Kläger zeigte sich in der "FT" zufrieden mit dem Google-Verfahren.

Aktie bleibt ein Kauf

Die Niederlage vor dem EuGH hinterlässt kaum Kratzer im Geschäftsmodell von Google. Der Konzern ist mittlerweile weit mehr als eine Suchmaschine. Mit dem Betriebssystem für Smartphones, Android, hat Google den Fuß in der Türe bei Millionen Handybesitzern und auch das eigene Smartphone Namens "Nexus" trägt seinen Teil zur Diversifikation bei. Die jüngst ihren Verkaufsstart feiernde Google-Glass könnte die Internetnutzung ein weiteres Mal revolutionieren. Der Aktionär empfiehlt daher die Aktie von Google auch weiterhin zum Kauf. Ein Stopp sollte die Position auf einem Niveau von rund 310 Euro absichern.

(Mit Material von dpa-AFX)

Behandelte Werte

Name Wert Veränderung
Heute in %
DAX - Pkt.

Buchtipp: Das Leben nach Google

Erst einmal Google fragen! Die Suchmaschine ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken – und sie ist völlig kostenlos. Nicht ganz, meint George Gilder. Denn: Der Google-Kunde ist gläsern, er bezahlt mit seinen Daten, wird mit Werbung überschwemmt. Und zu allem Überfluss hebeln Bots und Malware die Internetsicherheit aus. Genau aus diesen Gründen steht das Geschäftsmodell von Google, aufgebaut auf Big Data und finanziert durch Werbeeinnahmen, vor dem Aus. An seine Stelle tritt die Blockchain-Technologie, die das Internet revolutionieren und damit die großen Internetfirmen unserer Zeit in Bedrängnis bringen wird. Gilder beschreibt diesen fundamentalen Umbruch und zeigt auf, wie die Welt nach Google aussehen wird: sicherer, werbefrei und kostenpflichtig.

Das Leben nach Google

Autoren: Gilder, George
Seitenanzahl: 352
Erscheinungstermin: 19.03.2020
Format: Softcover
ISBN: 978-3-86470-669-1

Jetzt sichern