Von Andrew Bary
Barron’s
Übersetzung: Laura Markus
Anleger wollen oft unbedingt in große Börsengänge einsteigen. Doch in der Regel ist es am besten, sich von solchen Aktien fernzuhalten oder sie nach einem Kursanstieg schnell wieder zu verkaufen. Denn nach mehreren Jahren hält sich ihre Erfolgsbilanz meist in Grenzen. Nach einem IPO-Flopp kann es jedoch auch wieder aufwärts gehen.
Ein Beispiel für einen solchen Flop ist Snap, das zu den größten und gefragtesten Börsengängen des Jahres 2017 gehörte. Die Snap-Aktie liegt derzeit bei etwa 10 Dollar und damit unter dem IPO-Preis des Social-Media-Unternehmens von 17 Dollar. Seit dem Höchststand von 83 Dollar letzten September ist der Kurs sogar um über 85 Prozent gefallen.
Dennoch könnten vorsichtige Anleger auch gute Werte unter erfolglosen Börsengängen finden, also bei solchen, die weit unter ihrem IPO-Kurs gehandelt werden.
Für dieses Aktienscreening hat die Investmentbank Renaissance Capital, die den Renaissance Capital IPO ETF verwaltet, jeweils die fünf größten Börsengänge der letzten fünf Jahre untersucht und festgestellt, dass 17 der 25 Aktien unter ihren IPO-Preisen notieren. Viele von ihnen sind um mindestens 50 Prozent gefallen.
Um die Liste weiter einzugrenzen wurden elf gefloppte Börsengänge der letzten drei Jahre analysiert. Direct Listings wurden nicht berücksichtigt.
Im letzten Jahr waren es vor allem Wachstumsunternehmen, die an die Börse gingen, doch aufgrund der hohen Anfangsbewertungen und des Sell-offs bei Top-Performern haben sie sich in diesem Jahr nicht gut entwickelt.

Die fünf größten Börsengänge des Jahres 2021 notieren alle unterhalb ihrer IPO-Preise. Nach Größe geordnet handelt es sich um: Coupang, DiDi Global, Global Foundries, Nu Holdings und Rivian.
Lufax, ein chinesischer Kreditgeber für kleine Unternehmen und Angestellte, musste seit seinem Börsengang im Jahr 2020 einen Kursrückgang von über 50 Prozent hinnehmen. XP, ein brasilianischer Finanzdienstleister, hat seit seinem IPO 2019 rund 30 Prozent eingebüßt.
Bei erfolglosen Börsengängen sollten sich die Anleger auf die Bewertung konzentrieren. Sie sollten Unternehmen in Betracht ziehen, die ein relativ niedriges Kurs-Umsatz-Verhältnis aufweisen und rentabel sind – oder es bald sein werden.
Die Aktie von Uber liegt mit 23 Dollar fast 50 Prozent unter ihrem IPO-Preis im Jahr 2019 von 45 Dollar. Uber ist ein Favorit des J.P.-Morgan-Analysten Doug Anmuth. Er stuft das Unternehmen mit „Overweight“ und einem Kursziel von 48 Dollar ein.
„Uber ist in zwei langfristigen Wachstumsbranchen weltweit führend: Ride-Sharing und Essenslieferdienste. Das Unternehmen nutzt seine enorme Größe und sein technologisches Know-how, um schnell neue Produkte einzuführen und weiterzuentwickeln“, schrieb er Ende Juni.
Uber wird derzeit für weniger als das Doppelte des für 2022 erwarteten Umsatzes gehandelt.
Lyft hinkt zwar beim Ride-Sharing hinter seinem Konkurrenten Uber hinterher und hat auch ein weniger diversifiziertes Geschäftsmodell. Doch die Aktie ist günstiger: Mit einem Kurs von rund 13 Dollar liegt sie 80 Prozent unter ihrem IPO-Preis von 72 Dollar im Jahr 2019. Dies ist eines der schlechtesten Ergebnisse unter den großen IPOs der letzten Jahre.
Lyft hat eine starke Bilanz mit rund 1,4 Milliarden Dollar, was vier Dollar pro Aktie entspricht. Dadurch ist das Unternehmen robust. Es wird zum 15-Fachen der für 2023 erwarteten Gewinne gehandelt und in diesem Jahr voraussichtlich schwarze Zahlen schreiben.
Anmuth stuft das Unternehmen mit „Overweight“ und einem Kursziel von 37 Dollar ein. Er begründet dies mit einer „sehr großen Marktchance“ und einem „stabilen Duopol“ mit Uber im Bereich Ride-Sharing.
Die Aktie von Pinterest ist in diesem Jahr um rund 50 Prozent auf etwa 18 Dollar gesunken und liegt damit knapp unter ihrem IPO-Preis im Jahr 2019 von 19 Dollar. Grund für die Kursverluste sind Bedenken über die schwache Performance im Bereich Online-Werbung. Außerdem ist Pinterest weniger robust, da es im Vergleich zu Meta und Alphabet relativ klein ist.
Die Aktie ist jedoch recht günstig und wird für weniger als das 20-Fache der für 2022 prognostizierten Gewinne und das 3-Fache des für 2022 erwarteten Umsatzes gehandelt, bei einer Nettoliquidität von etwa vier Dollar pro Aktie. Und mit einem überschaubaren Marktwert von zwölf Milliarden Dollar könnte Pinterest für eine Übernahme in Frage kommen.
Anleger, die auf gescheiterte IPOs – aber auch auf erfolgreiche IPOs wie den von Airbnb – setzen wollen, können auch den Renaissance Capital IPO ETF kaufen. Dessen Aktie liegt bei 31,60 Dollar und ist in diesem Jahr um fast 50 Prozent gefallen.
Die fünf größten Werte des ETFs sind Airbnb, Snowflake, Datadog, DoorDash und Palantir. Diese fünf Aktien machen etwa 30 Prozent des 190-Millionen-Dollar-ETF aus, der Unternehmen drei Jahre nach ihrem Börsengang wieder verkauft.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Palantir Technologies.