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Die msg systems AG will den IT-Dienstleister Plaut übernehmen. DER AKTIONÄR sprach mit Plaut-Vorstand Mag. Johann Grafl über die Zusammenarbeit mit dem neuen Großaktionär und die weiteren Ziele des SAP-Spezialisten.
Übernahmeangebot für die Plaut AG: Der deutsche IT-Konzern msg systems AG hat vom bisherigen Großaktionär Cancom ein Aktienpaket in Höhe von 28,4 Prozent am österreichischen SAP-Spezialisten Plaut erworben. Der Kaufpreis liegt bei 0,92 Euro je Aktie. Gleichzeitig hat msg systems einen Vertrag mit drei weiteren Aktionären aus dem Plaut-Management abgeschlossen, der den Oberbayern Zugriff auf mehr als 50 Prozent der Stimmrechte sichert. Im Gegenzug wird msg den freien Aktionären in Kürze ein Übernahmeangebot unterbreiten. DER AKTIONÄR sprach mit Plaut-Vorstand Mag. Johann Grafl über die Zusammenarbeit mit dem neuen Großaktionär, dunkle Wolken am Konjunkturhimmel sowie seine mittelfristigen Ziele.
Herr Grafl, Plaut hat überraschend einen neuen Großaktionär bekommen. Die msg systems AG aus München hat das Aktienpaket der Cancom AG übernommen. Was sind die Hintergründe dieses Wechsels?
Mag. Johann Grafl: Für die msg systems AG gibt es drei wesentliche Gründe für die Übernahme des Aktienpakets: msg systems sieht die betriebswirtschaftlich fundierte SAP-Expertise von Plaut als eine ideale Ergänzung zu ihrem eigenen Angebotsspektrum, das heute primär aus Branchenlösungen besteht. Durch den Know-how-Gewinn im Fachbereich Rechnungswesen/SAP Financials beziehungsweise den Kernanwendungen im ERP kann msg seine eigenen Branchenlösungen und Produkte künftig noch besser mit den ERP-Systemen der Kunden verbinden und somit End-to-End-Lösungen insbesondere im SAP-Umfeld anbieten. Des Weiteren hat Plaut AG ebenso wie msg systems AG einen klaren Branchenfokus und beschäftigt Experten, die Themen und Trends in den Schlüsselbranchen sehr gut kennen. Dadurch lassen sich Synergien nutzen und weitere Vertriebskanäle erschließen. Ein dritter Grund ist der Zugang zum osteuropäischen Markt, wo Plaut mit Niederlassungen vertreten ist.
Welche Auswirkungen auf Ihr operatives Geschäft erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit msg? Warum ist msg ein idealer Partner für Plaut?
Die Branchenlösungen von msg systems stellen für Plaut eine Verbreiterung des Lösungsangebots dar. Darüber hinaus eröffnen sich neue Marktzugänge, die für den eigenen Vertrieb genutzt werden können. In Ländern, in denen beide Unternehmen tätig sind, lassen sich durch eine koordinierte Marktbearbeitung und die Zusammenarbeit in Marketing und Vertrieb mehr Chancen nutzen. Das gemeinsame Kontaktnetzwerk wird dazu beitragen, Entscheidungsträger und neue Zugänge bei Unternehmen leichter zu erreichen.
Persönlich ergeben sich für die Mitarbeiter in gemeinsamen Projekten Entwicklungsmöglichkeiten und eine Verbreiterung des Wissens. Gerade bei neuen Technologien kann es zu einem schnelleren Wissenstransfer und Know-how-Aufbau kommen. Das wird die Schlagkraft der Plaut am Markt erhöhen.
Haben Sie bereits in der Vergangenheit mit msg zusammengearbeitet?
Bei der VIG RE haben Plaut und msg systems bereits erfolgreich in einem Projekt in der Schlüsselbranche Versicherungen zusammengearbeitet. Darüber hinaus gibt es einige Kunden, die auch zum Kundenstamm der msg systems ag zählen, wie beispielsweise Allianz, BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, Daimler AG, Deutsche Bahn AG und MAN Nutzfahrzeuge AG.
Was macht Sie so zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit die erwarteten Früchte trägt?
Die msg systems AG folgt hierbei der Philosophie, dass jedes Unternehmen selbstständig ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Flexibilität hat. Ziel ist es, Synergien durch verbreiterte Marktzugänge, gemeinsame Aktivitäten in Marketing und Vertrieb und eine Ergänzung von Kompetenzen zu erzielen. Ich glaube also, dass wir auf dieser Grundlage gut und partnerschaftlich zusammenarbeiten werden.
Ist durch den Einstieg der msg systems AG auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass Plaut seine Immobilie in Ismaning zeitnah verkaufen und damit stille Reserven heben kann?
Wir prüfen hier verschiedene Optionen. Die Büros von msg systems und Plaut sind ja in Ismaning nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Da ein erwarteter Verkaufserlös weit über dem aktuellen Buchwert von 2,6 Millionen Euro liegt, ergäbe sich durch Verkauf und nachfolgende Miete der Liegenschaft Potenzial, stille Reserven zu heben.
Gemeinsam mit zwei weiteren Managern der Plaut AG haben Sie einen Syndikatsvertrag mit msg systems geschlossen. Ihr Aktienpaket werden Sie aber vorerst behalten. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Der Syndikatsvertrag stellt eine enge Abstimmung in strategischen Fragen und bei der Koordination gemeinsamer Aktivitäten sicher. Mit diesem Vertrag sind der msg systems AG zusätzlich diese Stimmrechte zuzurechnen. Die msg systems AG hält damit durch diese Zurechnung insgesamt mehr als 50 Prozent der Stimmrechte. Dies stellt auch die rechtliche Grundlage des Pflichtangebots an die übrigen Aktionäre dar.
Wie geht es mit der Börsennotiz weiter? Wird die Plaut AG mittelfristig vom Kurszettel verschwinden?
Diese Frage stellt sich aufgrund der Aktienverteilung derzeit nicht. Der nächste Schritt der msg systems AG ist die Abwicklung des Pflichtangebots an die Aktionäre der Plaut AG im Zeitraum von Mitte Oktober bis Mitte November dieses Jahres. Erst danach können weitere Aussagen gemacht werden.
Kommen wir nochmals auf das operative Geschäft zu sprechen: Das erste Halbjahr ist mit einem Umsatzplus von 16,7 Prozent und einem EBITDA-Sprung um über 350 Prozent sehr erfolgreich verlaufen. Welche Ziele haben Sie sich für das Gesamtjahr gesetzt?
Aufgrund der positiven Entwicklung des ersten Halbjahres bekräftigen wir das Jahresziel 2011 mit einem Umsatzwachstum von 15 bis 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einer EBIT-Marge von fünf bis sieben Prozent. Diese Werte beziehen sich auf die fortgeführten Bereiche.
Am Konjunkturhimmel ziehen erste dunkle Wolken auf. Wie wappnen Sie sich gegen einen erneuten Abschwung?
In einem wirtschaftlichen Abschwung steigt der Druck auf Unternehmen Ihre Kosten - und hier vor allem die Gemeinkosten - kritisch zu hinterfragen, Prozesse zu optimieren und durch IT-Unterstützung Effizienz zu gewinnen. Das alles sind Themen, die es leichter machen Beratungs- und Implementierungsprojekte in diesem Umfeld abzuschließen. Gleichzeitig verstärken wir unsere Aktivitäten in Marketing und Vertrieb und holen neue Mitarbeiter an Bord, um den Ausbau unserer Kompetenzen in den Branchen Versicherungen, Energieversorger, Nahrungsmittel sowie Getränke und Dienstleistungen voranzutreiben. Und schließlich ist es gerade in stürmischen Zeiten gut, Teil eines größeren Unternehmensverbundes zu sein und so leichter Marktzugänge mit neuen Themen und vor allem Branchenlösungen zu bekommen.
Kommen wir abschließend auf Ihre Vision zu sprechen: Wo sehen Sie die Plaut AG in fünf Jahren?
Ich sehe Plaut als Unternehmen, das auf der soliden Basis betriebswirtschaftlicher Beratung, des fundierten Wissens in unseren definierten Kernbranchen und einer hohen Kompetenz bei IT-Implementierung seine Kunden dabei unterstützt, erfolgreich zu sein. Eine starke Präsenz in den CEE- und CIS-Ländern und der Background des Unternehmensverbundes mit msg und deren Branchenlösungen ermöglicht es, Kunden länderübergreifende Lösungen anzubieten. Im Jahr 2015 sehen wir eine Bandbreite von 40 bis 50 Millionen Euro beim Umsatz als realistisch an.
Herr Grafl, vielen Dank für das Interview.
Angebot abwarten
DER AKTIONÄR hat Plaut vor wenigen Wochen noch bei 0,85 Euro mit dem Hinweis, dass es sich dabei um einen Übernahmekandidaten handele, zum Kauf empfohlen. msg systems will den freien Aktionären anbieten im Rahmen eines Pflichtangebots den gesetzlichen Mindestpreis, also im Minimum die zuletzt an Cancom bezahlten 0,92 Euro, für die ausstehenden Aktien als Abfindung zu bezahlen. Der Kurs ist damit nach unten abgesichert.
