Von Dan Gallagher
The Wall Street Journal
Übersetzung: Stefanie Konrad
Online-Werberiesen stehen vor immer größeren Herausforderungen. Die negativen Auswirkungen werden allerdings nicht alle gleichermaßen zu spüren bekommen: Googles Werbegeschäft bleibt vermutlich stabil, Social-Media-Plattformen werden hingegen größere Schwierigkeiten haben.
In den nächsten Wochen werden die großen Unternehmen der Branche ihre Quartalsberichte veröffentlichen. Die Wall Street zeigt sich mit Blick auf die Branche auffällig vorsichtig. Die Kombination aus steigender Inflation, anhaltenden Versorgungsengpässen, dem Krieg in der Ukraine und den im letzten Jahr vorgenommenen Änderungen an Apples mobilem Betriebssystem wird die Branche voraussichtlich belasten.
Analysten gehen davon aus, dass die Werbeeinnahmen der sechs großen Akteure zusammen – Google, Facebook, Amazon, Twitter, Snap und Pinterest – im Jahresvergleich um 19 Prozent steigen werden. Im vierten Quartal lag das Wachstum noch bei 28 Prozent und im ersten Quartal des vergangenen Jahres bei 40 Prozent, so die Schätzungen von FactSet.
Aber nicht jeder wird davon gleichermaßen betroffen sein. Die Gesamtwerbeeinnahmen der Google-Muttergesellschaft Alphabet werden im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich um 23 Prozent auf 55,1 Milliarden Dollar steigen. Für die Facebook-Muttergesellschaft Meta Platforms wird hingegen nur ein Anstieg von acht Prozent auf etwa 27,5 Milliarden Dollar prognostiziert.
Das liegt zwar im Rahmen der Ende Januar abgegebenen negativen Prognose des Unternehmens, doch die Besorgnis scheint zu wachsen. Nach Angaben von FactSet haben in diesem Monat bereits 18 Analysten ihre Prognosen für die Werbeeinnahmen von Meta nach unten korrigiert.
In einem Bericht vom 13. April prognostizierte Brad Erickson von RBC Capital „ein weiteres schwieriges Quartal“ für das Unternehmen. Er sagte außerdem, dass die von seinem Team durchgeführte Umfrage unter kleinen Werbeagenturen „keine spürbare Verbesserung“ bei den Algorithmen oder der Performance des Unternehmens im Bereich Ad-Targeting ergab.
Facebook wird mit einem Rückgang um 12 Prozentpunkte gegenüber dem Q4-Wachstum zugleich den größten Verlust der Gruppe verbuchen. Die Unternehmen werden aber alle voraussichtlich ein langsameres Wachstum hinnehmen müssen, mit Ausnahme von Twitter. Die Online-Werbeeinnahmen von Twitter werden im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar steigen, gegenüber einem Wachstum von 22 Prozent im vierten Quartal.
Ironischerweise ist Twitter auch das einzige Unternehmen der Gruppe, das jetzt einen Großaktionär hat, der das Unternehmen öffentlich zum Ausstieg aus dem Online-Werbegeschäft auffordert. Das Drama um das unaufgeforderte Übernahmeangebot von Elon Musk wird die geschäftlichen Fundamentaldaten des Unternehmens wahrscheinlich überschatten, wenn es am 28. April seine Geschäftsergebnisse veröffentlicht. Seit Anfang des Monats erstmals über die Beteiligung von Musk berichtet wurde, ist der Aktienkurs von Twitter um fast 14 Prozent gestiegen. Die Twitter-Aktie ist auch die einzige Aktie in dieser Gruppe, die in diesem Jahr Gewinne verzeichnet.
Google macht mehr als die Hälfte der gesamten Werbeeinnahmen der Gruppe aus und wird voraussichtlich auch weiterhin relativ gut abschneiden. Denn das klassische suchmaschinenbasierte Geschäft des Unternehmens gilt als weniger anfällig für die von Apple im letzten Jahr vorgenommenen Änderungen, die den Werbetreibenden eine gezielte Platzierung ihrer Anzeigen erschweren.
Michael Nathanson von MoffettNathanson schrieb letzten Monat in einer Mitteilung, dass Google „der stärkste und stabilste Teil des Marketing-Trichters ist und von der Umverteilung der Ausgaben aufgrund der sich ändernden Datenschutzstandards profitiert hat“.
YouTube könnte auch durch die steigende Popularität der konkurrierenden Videoplattform TikTok beeinträchtigt werden. In einem Bericht vom 13. April sagte Jason Helfstein von Oppenheimer jedoch, dass die Werbeausgaben für TikTok aus dem „Budget aus kostenpflichtiger Social-Media-Werbung“ stammen – was den Schaden für Google begrenzt. Der Erfolg von TikTok geht jedoch auf Kosten anderer. Eine Umfrage von ISI Evercore ergab, dass die durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer der Plattform des chinesischen Unternehmens ByteDance im ersten Quartal 93 Minuten betrug. Das ist 69 Prozent mehr als bei Metas Instagram und mehr als viermal so lange wie bei Snapchat.
Auf diese Entwicklung sollten Online-Werbetreibende achten.