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19.03.2020 Maximilian Völkl

Klöckner & Co nach dem Absturz: CEO exklusiv - "besseres Umfeld als 2019"

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Klöckner & Co

Die Corona-Krise hat auch die Aktie des Stahlhändlers Klöckner & Co drastisch in Mitleidenschaft gezogen. Inzwischen notiert der SDAX-Titel sogar unter der 3,00-Euro-Marke. Doch mit dem Fokus auf digitale Lösungen will der Konzern auch im harten Marktumfeld bestehen. Konzernchef Gisbert Rühl gibt sich nach den Zahlen in der vergangenen Woche jedenfalls optimistisch und stand dem AKTIONÄR exklusiv Rede und Antwort.

DER AKTIONÄR: Guten Tag Herr Rühl, wie ordnen sie das Jahr 2019 im Rückblick ein?

Gisbert Rühl: Das Marktumfeld war bedingt durch eine schwache Nachfrage und fallende Stahlpreise, insbesondere in den USA, sehr herausfordernd. Entsprechend enttäuschend war die Ergebnisentwicklung. Zumindest konnten wir durch den konsequenten Abbau von Net Working Capital einen stark positiven Cash Flow ausweisen. Trotz der schwachen Ergebnisse war es kein verlorenes Jahr, da wir bei der digitalen Transformation gute Fortschritte gemacht haben. So waren Anfang 2020 bereits über 60 Lieferanten mit 22.000 Produkten sowie rund 700 Kunden auf unserer offenen Industrieplattform XOM Materials registriert. Und auch bei der Weiterentwicklung unserer Plattformen durch Künstliche Intelligenz haben wir Fortschritte gemacht. So haben wir mit dem Klöckner Assistant, einer selbstlernenden Applikation zur Digitalisierung des analogen Bestellprozesses, erste Umsätze generiert. Damit sind wir zukünftig in der Lage aus nahezu jedem Kunden einen Digitalkunden zu machen ohne dass dieser seine Prozesse ändern muss.

Für das laufende Geschäftsjahr erwarten wir preislich ein besseres Umfeld als 2019.

Die Stahlpreise befinden sich weiter auf Talfahrt – traditionell ist das für das Geschäftsmodell von Klöckner & Co nicht gut. Erwarten sie hier zeitnah Besserung?

Für das laufende Geschäftsjahr erwarten wir preislich ein besseres Umfeld als 2019. Wir wollen mit unserer Digitalisierungsstrategie mittel- bis langfristig aber unabhängiger von volatilen Stahlpreisen werden. Mit verschiedenen Digitalisierungsaktivitäten können wir zukünftige Bedarfe besser vorhersehen und die Logistik optimieren, was reduzierte Lagerbestände zur Folge hat. Das bindet weniger Kapital. Gleichzeitig bauen wir unser höherwertiges Geschäft aus. Geschäftsbereiche dieser Art sind weniger stark von der Entwicklung der Stahlpreise abhängig.

Foto: Shutterstock

Abgesehen von den Stahlpreisen: Worauf richten Sie den Fokus, um die Erlöse wieder steigern und in die Gewinnzone zurückkehren zu können?

Wir sind weiterhin laufend dabei unsere Effizienz zu steigern und Kosten einzusparen. Das allein reicht natürlich nicht. Entscheidend ist, dass wir bei der Digitalisierung weiter vorangehen. Unsere Vorreiterrolle zeichnet sich immer stärker ab und ist ein echter Wettbewerbsvorteil – keiner unserer Konkurrenten hat ein so umfassendes Digitalangebot wie wir. Unser Angebot reicht von einfachen Onlineshops über Marktplätze und offene Plattformen bis hin zu einem auf Künstlicher Intelligenz basierten Assistenten.

Die Vielfalt ergibt sich aus den Anforderungen unserer Kunden. Im B2B-Bereich gibt es nicht eine Lösung für alle. Während wir in Onlineshops und auf Marktplätzen überwiegend kleinere Kunden versorgen, bieten wir über unsere Plattformen auch Schnittstellen zu Warenwirtschaftssystemen für größere Kunden an. Und mit dem Klöckner Assistant nehmen wir wenig digital affinen Kunden, wie bereits angedeutet, die Notwendigkeit, ihre Bestellprozesse anpassen zu müssen und können trotzdem die Abläufe mit Hilfe Künstlicher Intelligenz auf beiden Seiten beschleunigen. Wir werden dadurch nicht nur effizienter, sondern erwarten zusätzlich einen Zugewinn von Marktanteilen.

XOM könnte in einigen Jahren wertvoller sein als das traditionelle Geschäft von Klöckner & Co.

Die Digitalisierung nimmt im Rahmen der Strategie Klöckner & Co 2022 eine immer wichtigere Rolle ein. Wie schätzen Sie die finanziellen Auswirkungen der neuen Plattformen ein? Wo liegen hier die Chancen?

Bei Klöckner & Co begreifen wir die Digitalisierung als große Chance – auch für unsere Aktionäre. Wir erwarten bis 2022 operative Ergebnisbeiträge von mehr als 100 Mio. Euro durch digitale Effizienzsteigerungen sowie höhere Marktanteile. Außerdem können Aktionäre am Wertsteigerungspotenzial von XOM Materials partizipieren: Mit dem Angebot nutzt Klöckner & Co die einmalige Chance, eine dominierende B2B-Plattform für Stahl- und Metallprodukte sowie angrenzende Bereiche aufzubauen. Die Integration weiterer Lösungen, wie eShops und eProcurement-Services, wird die Attraktivität der Plattform weiter steigern und damit das Wachstum zusätzlich beschleunigen. Damit könnte XOM in einigen Jahren wertvoller sein als das traditionelle Geschäft von Klöckner & Co.

Im vergangenen Jahr haben Sie die Gespräche mit ThyssenKrupp über einen Zusammenschluss für beendet erklärt. Gibt es hier neue Erkenntnisse?

Nein, wir befinden uns aktuell nicht in konkreten Gesprächen mit ThyssenKrupp.

Sind Gespräche auch mit anderen Wettbewerbern denkbar, um die Konsolidierung in der Branche voranzutreiben?

Es gibt in der Branche zu viel Kapazitäten auf der Produktions- und Distributionsstufe. Veränderungen sind daher auf beiden Stufen notwendig. Digitale Plattformen, wie XOM, werden sicherlich auch die Konsolidierung in der Branche treiben.

Klöckner & Co (WKN: KC0100)

Die Aktie notiert deutlich unter Buchwert respektive dem Wert der Lagerbestände. Sind Maßnahmen denkbar, um diese verborgenen Werte zu heben?

Unsere Aktie ist in der Tat aktuell deutlich unterbewertet. Am Kapitalmarkt werden wir leider noch als reiner Stahlwert wahrgenommen, obwohl wir die angesprochenen Fortschritte bei der Digitalisierung machen. In Zukunft geht es für uns deshalb darum, neben den klassischen Sektor- auch Tech-Investoren anzusprechen. Hier sehen wir das große Potenzial, dass unsere digitalen Lösungen die längst verdiente Aufmerksamkeit bekommen. Denn für mich steht fest: Die Zukunft ist digital. Und Klöckner & Co ist auf dem besten Weg dahin.

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