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20.07.2019 Marion Schlegel

Deutscher Biotech-Hot-Stock Vivoryon nach dem Morphosys-Deal: Vorstandsvorsitzender gibt exklusive Einblicke

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VIVORYON

Die Aktie von Vivoryon gehört zu den Small Caps im deutschen Biotech-Sektor. Noch befindet sich das Unternehmen in einer sehr frühen Phase der Entwicklung, langfristig könnte es aber für Furore sorgen. DER AKTIONÄR hat mit dem Vorstandsvorsitzenden, Dr. Ulrich Dauer, über die jüngsten Entwicklungen und die weiteren Chancen des Unternehmens gesprochen.

Herr Dauer, Sie haben im Jahr 2018 den Vorstandsvorsitz bei Vivoryon übernommen. Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger? Was sind Ihre Ziele?

Mich beschäftigen weniger die Unterschiede, sondern vielmehr die Frage, was wir auf der Grundlage, die mein Vorgänger Konrad Glund auf hoch anerkennenswerte Weise mitgeschaffen hat, an Chancen für Vivoryon nutzen können – und das ist doch Einiges. Im Fokus steht unsere Leitsubstanz PQ912, die in einer Phase-2a-Studie an Alzheimer Patienten sehr vielversprechende Ergebnisse gezeigt hat. Eines meiner wichtigsten Ziele ist es, dem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, auf der Basis dieser Ergebnisse die Weiterentwicklung voranzutreiben und damit wieder in einen Modus der Wertentwicklung zu kommen. Mit der im April abgeschlossenen Finanzierungsrunde und vor allem mit dem Einstieg des Investorenkonsortiums um Claus Christiansen haben wir dabei ein wichtiges Etappenziel erreicht.

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Zudem haben wir das Potenzial unserer Technologie auch für weitere Indikationen neu bewertet. Insbesondere im Bereich der Immunonkologie gab es spannende Erkenntnisse und Entwicklungen, die uns motiviert haben, Vivoryon hier stärker zu positionieren. Selbstverständlich müssen wir dabei auch die Bandbreite und Möglichkeiten unserer schlanken Organisation berücksichtigen. Deshalb haben wir hier sehr früh die Entscheidung getroffen, das enorme Potenzial in der Onkologie über eine Partnerschaft mit Morphosys zu realisieren.

Das übergeordnete Ziel von Vivoryon ist es, mit seiner Kernkompetenz in der Enzymforschung neuartige Produktkandidaten für Patienten zu entwickeln, die an bislang nicht hinreichend behandelbaren, altersbedingten Erkrankungen leiden. Alzheimer wird dabei auch in der absehbaren Zukunft den Schwerpunkt bilden.

"Wir haben zusätzliches Potenzial über die Erweiterung des Indikationsspektrums um die Onkologie gewonnen."

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Der Unternehmensname Vivoryon existiert erst seit Kurzem. Den meisten Anlegern dürfte der Wert noch unter Probiodrug bekannt sein. Was war der Grund für den Namenswechsel?

Uns war „Probiodrug“ etwas zu technisch geworden und wir haben häufig die Rückmeldung bekommen, dass der Name und die Verbindung zu unserem heutigen Unternehmensinhalt international nicht ganz so leicht zu vermitteln ist. Das Unternehmen hat sich in den letzten Monaten in unterschiedlichen Bereichen stark verändert, auch das Management. Mit Michael Schaeffer, meinem Vorstandskollegen und Chief Business Officer, und mir hat der Aufsichtsrat ein komplett neues Führungsteam implementiert. Unsere Aktionärsstruktur hat sich nicht zuletzt mit dem Einstieg des Investorenkonsortiums unter Führung von Herrn Christiansen neu formiert. Und dann haben wir zusätzliches Potenzial über die Erweiterung des Indikationsspektrums um die Onkologie gewonnen. Wir dachten das wäre Grund genug, den damit angestoßenen Imagewandel auch mit einem neuen Namen zu unterstützen. 

"Mit Vivoryon, das sich aus „VIVID MEMORY (lebhaftes/lebendiges Gedächtnis) ON“ zusammensetzen lässt, hat der Name einen emotionaleren Bezug, der, wie wir finden, sehr gut zu unserem Unternehmen und seinem Leitmotiv passt."

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Bei der Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Alzheimer hat es in der Vergangenheit immer wieder massive Rückschläge gegeben – zuletzt beispielsweise bei Novartis/Amgen oder zuvor bei Biogen. Worin liegt die besondere Schwierigkeit bei der Entwicklung derartiger Medikamente?

Grundsätzlich müssen wir uns eingestehen, dass die Ursachen und Auslöser dieser komplexen Erkrankung noch nicht genügend verstanden werden. Das hat dazu geführt, dass man sich in der Strategie bei der Medikamentenforschung und -entwicklung auf wenige pathologische Merkmale fokussiert, deren Zusammenspiel aber noch weitgehend unbekannt ist. Die Mehrzahl der fortgeschrittenen klinischen Projekte von großen Pharmaunternehmen basierte auf der sogenannten Abeta-Hypothese. Ihr zufolge geht es darum, die Aggregation von Abeta-Peptiden zu den schon von dem Neurologen Alois Alzheimer im Jahr 1906 beschriebenen Plaques zu verhindern, bzw. schon gebildete Abeta-Plaques mit therapeutischen Antikörpern aufzulösen. Mittlerweile setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Abeta-Plaques in ihrer Quantität nicht mit dem Krankheitsverlauf von Alzheimer korrelieren. Die Abeta-Hypothese wird deshalb mit dem Scheitern von solchen klinischen Studien zunehmend in Frage gestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass globale Pharmaunternehmen in Ihrem kompetitiven Bestreben, als Erster eine neuartige Klasse von Medikamenten auf den Markt bringen zu wollen, auf eine „Copy“-Strategie setzen, was einer Diversität von unterschiedlichen Forschungs- und -Entwicklungsansätzen entgegen steht. Diese Diversität wäre aber in solch komplexen Indikationen wie Alzheimer erfolgsentscheidend.

Was ist das Besondere am Ansatz von Vivoryon?

Der Ansatz von Vivoryon unterscheidet sich grundlegend von anderen, zum Beispiel denen, die auf der gerade beschriebenen Abeta-Hypothese basieren. Vivoryon versucht nicht die Aggregation von Abeta zu verhindern, sondern die biochemische Umwandlung bestimmter Abeta-Peptide in sogenanntes Pyroglutamat-Abeta (pGlu-Abeta) zu blockieren. Denn diese Substanz wirkt toxisch auf die Kontaktstellen der Nerven, die sogenannten Synapsen, und steht damit zunehmend als Ursache für die Neurodegeneration bei Alzheimer im Verdacht. Diese biochemische Umwandlung wird durch ein Enzym verursacht, die sogenannte Glutaminylzyklase. Vivoryon hat niedermolekulare Inhibitoren entwickelt, darunter unsere Leitsubstanz PQ912, die die Aktivität dieses Enzyms drastisch reduzieren und die Bildung von toxischem pGlu-Abeta verhindern.

"Der Ansatz von Vivoryon unterscheidet sich grundlegend von anderen."

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Wie will sich Vivoryon gegen die Großen der Pharmabranche durchsetzen, die derzeit fieberhaft nach an einer Behandlung von Alzheimer forschen?

Mit dem Scheitern der vielen fortgeschrittenen klinischen Studien von Big Pharma sind wir mit PQ912 im kompetitiven Umfeld ganz vorne mit dabei. Wir sind aktuell in den Vorbereitungen einer Phase-2b-Studie. Sollten wir in dieser Studie überzeugende Daten generieren, sehen wir uns hervorragend positioniert, eine Partnerschaft für eine Zulassungsstudie und die Vermarktung mit einem globalen Player eingehen zu können. Insofern geht es nicht in erster Linie darum, uns gegen die großen Pharma-Unternehmen durchzusetzen, sondern den richtigen Zeitpunkt für eine Partnerschaft zu wählen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein vergleichsweise kleines Biotech-Unternehmen die bahnbrechende Innovation zu einem neuartigen Produkt beigetraten hat. Unser Unternehmen mit seinen wissenschaftlichen Gründern hat bereits mit hoher Innovationskraft die Entwicklung der Gliptine, einer neuartigen Medikamentenklasse zur Behandlung von Diabetes Typ II, ermöglicht und weist damit in diesem Punkt bereits einen eindrucksvollen Track Record auf.

"Es wäre nicht das erste Mal, dass ein vergleichsweise kleines Biotech-Unternehmen die bahnbrechende Innovation zu einem neuartigen Produkt beigetraten hat."

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Das am Weitesten fortgeschrittene Projekte von Vivoryon ist PQ912. Wie waren die bisherigen Forschungsresultate und wann kann mit den ersten Ergebnissen der laufenden Phase-2b-Studie gerechnet werden? Wie ist der weitere Zeitplan?

Wie eingangs erwähnt konnte Vivoryon für PQ912 in einer ersten klinischen Studie an Alzheimerpatienten sehr vielversprechende Ergebnisse erzielen. Mit Biomarkern hat Vivoryon den Wirkmechanismus von PQ912 klar belegen können. Über EEG-Untersuchungen hat das klinische Team darüber hinaus eine signifikante Verbesserung der synaptischen Funktion von mit PQ912 behandelten Patienten gegenüber einer Kontrollgruppe gezeigt. Und überraschenderweise kam es sogar zu messbaren Verbesserungen der Gedächtnisleistung der mit unserem Wirkstoffkandidaten behandelten Patienten, trotz der geringen Behandlungszeit von lediglich zwölf Wochen.

In der in der Vorbereitung befindlichen Phase-2b-Studie wollen wir diese Ergebnisse mit einer deutlich längeren Behandlungszeit von durchschnittlich 56 Wochen und unterschiedlichen Dosierungen verifizieren. Wir gehen davon aus, den ersten Patienten dieser europäischen multizentrischen Studie im ersten Quartal 2020 behandeln zu können. In der zweiten Jahreshälfte 2022 erwarten wir die Ergebnisse dieser Studie.

"Wir erwarten die Ergebnisse der Phase-2b-Studie in der zweiten Jahreshälfte 2022."

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Vivoryon könnte neben der Alzheimerforschung in der Krebsforschung ein weiteres wichtiges Standbein finden. Wie sieht der Ansatz von Vivoryon hier aus? Wie sehen Sie das Potenzial? Und was ist hier in Zukunft geplant?

Das Enzym Glutaminylzyklase, das primär im Gehirn vorkommt, hat einen struktur-verwandten Counterpart, die iso-Glutaminylzyklase, welche in anderen Organen und im Blutkreislauf exprimiert wird und in der Immunonkologie als Modulator eines sogenannten „Checkpoints“ fungiert. Aufgrund der Ähnlichkeit dieser Enzyme wirken unsere Inhibitoren auch auf die iso-Glutaminylzyklase und schalten so die Checkpoint-Botschaft aus, die dieses Enzym vermittelt – ein sogenanntes „don´t eat me“-Signal, das die Immunzellen des angeboren Immunsystems davon abhält, Tumorzellen zu attackieren. Indem wir dieses Signal ausschalten, aktivieren wir das körpereigene Immunsystem für den Angriff auf Tumorzellen. Dieses Prinzip funktioniert besonders gut in Kombination mit therapeutischen Antikörpern im Bereich der Onkologie, deren Wirkung so verstärkt wird. Der Markt der Checkpoint-Inhibitoren in der Immunonkologie ist ein Blockbuster-Markt, dessen wissenschaftliche Grundlagen im vorigen Jahr mit dem Nobelpreis für Medizin gewürdigt wurden. Bislang werden z.B. mit bereits für den Markt zugelassenen PD-1- oder PD-L1-Inhibitoren Checkpoints des adaptiven (erlernten) Immunsystems ausgeschaltet. Unser Ansatz gehört zu den ersten Beispielen im Bereich des angeborenen Immunsystems und ist deshalb besonders spannend. Das Potenzial ist enorm, da das Prinzip generell auf viele Tumorarten und Co-Medikationen anwendbar ist. Das Unternehmen Morphosys, dem wir eine Option auf die exklusiven Rechte in der onkologischen Anwendung unserer Technologie eingeräumt haben, wird die Entscheidung über die weitere Entwicklung in diesem Bereich treffen.

VIVORYON (WKN: 792183)

Was bedeutet die jüngste Kooperation mit Morphosys für Vivoryon?

Morphosys ist der ideale Partner für uns. Denn Morphosys ist global einer der Marktführer für therapeutische Antikörper und hat beispielsweise mit Tafasitimab (MOR208) einen Antikörper im Zulassungsverfahren in der Onkologie, der als optimale Co-Therapie für PQ912 und/oder andere Inhibitoren der iso-Glutaminylzyklase geeignet ist, die unter Vivoryons Patentschutz stehen. Die Geschwindigkeit, mit der Morphosys und Vivoryon diese Partnerschaft verhandelt haben, ist ein klares Zeichen dafür, dass beide Parteien voll zur Entwicklung dieses neuartigen Wirkansatzes stehen. Mit den Ressourcen und Kompetenzen von Morphosys in Kombination mit unserer Technologie und unseren proprietären Substanzen sind wir in dem hoch kompetitiven Umfeld der Immunonkologie optimal aufgestellt. Zudem zeigt Morphosys mit der Bereitschaft, sich substanziell an Vivoryon zu beteiligen, dass sie mit unseren strategischen Zielen im Einklang stehen.

"Morphosys ist der ideale Partner für uns."

Dr. Ulrich Dauer, CEO von Vivoryon

Wie sieht es mit dem Kapitalbedarf von Vivoryon aus? Wie lange ist das Unternehmen noch finanziert? Wie soll der weitere Kapitalbedarf gestemmt werden?

Mit den Mitteln aus der letzten Kapitalerhöhung sehen wir Vivoryon solide aufgestellt. Allerdings ist für die Durchführung unserer europäischen Phase-2b-Studie an Alzheimerpatienten, die wir mit etwa 30 Millionen Euro veranschlagen, weiteres Kapital notwendig. Dazu haben uns die Aktionäre in unserer jüngsten ordentlichen Hauptversammlung autorisiert, eine Bezugsrechtskapitalerhöhung in größerem Rahmen durchführen zu können. Die Zusage von Morphosys, bei einer solchen Kapitalerhöhung bis zu 15 Millionen Euro zu investieren, sehen wir dabei als einen mitentscheidenden Erfolgsfaktor. Mittelfristig wollen wir selbstverständlich weiter aus Lizenzvereinbarungen insbesondere im Bereich Alzheimer substanzielle Erlöse erzielen.

Herr Dauer, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Eine Einschätzung zur Aktie von Vivoryon lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 30/2019 des AKTIONÄR, die Sie hier herunterladen können.

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