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23.02.2022 von The Wall Street Journal

Activision Blizzard: US-Behörden erhöhen den Druck

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Activision Blizzard

Von Kirsten Grind
The Wall Street Journal
Übersetzung: Stefanie Konrad

Activision Blizzard steht zunehmend unter Beschuss der amerikanischen Aufsichtsbehörden. Weitere Führungskräfte werden vorgeladen. Die Behörden fordern zudem mehr Informationen über CEO Kotick und den Umgang des Vorstands mit Vorwürfen des Fehlverhalten am Arbeitsplatz an. Dabei arbeitet der Gaming-Anbieter gerade daran, den 75-Milliarden-Dollar-Deal mit Microsoft abzuschließen.

Die staatliche Aufsichtsbehörde in Kalifornien für faire Beschäftigung und Wohnen (California Department of Fair Employment and Housing) hat die Vorstandsmitglieder von Activision hinsichtlich des Umgangs des Unternehmens mit den Problemen am Arbeitsplatz vorgeladen. Außerdem hat die Behörde die Polizeidienststellen im Großraum Los Angeles aufgefordert, alle Unterlagen über den langjährigen CEO Bobby Kotick und 18 weitere aktuelle und ehemalige Activision-Mitarbeiter vorzulegen. So heißt es aus Insiderkreisen und geht aus Unterlagen hervor, die das Wall Street Journal eingesehen hat.

Der Schritt der Behörde ist die nächste Stufe ihrer ursprünglichen Beschwerde gegen Activision, die im Juli veröffentlicht wurde. Diese Beschwerde bezog sich auf sexuelle Belästigung und geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede bei den rund 10.000 Mitarbeitern des Unternehmens. Kotick wurde dabei nicht direkt erwähnt (außer in Bezug auf sein Gehalt) und auch nicht der Vorstand von Activision.

Activision bestreitet die Anschuldigungen der Behörde. Eine Sprecherin von Activision bezeichnete die Vorladungen an die Polizeidienststellen als „merkwürdige Ermittlung ins Blaue“.

Unabhängig davon hat die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC eine weitere Vorladung an Activision gesendet. Dies erfolgte im Rahmen einer im letzten Jahr eingeleiteten Untersuchung über den Umgang des Unternehmens mit Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung. Die SEC hat im Rahmen dieser Untersuchung mehrere leitende Angestellte von Activision vorgeladen, wie das Wall Street Journal im September berichtete. Darunter befand sich auch Kotick, der Activision seit mehr als 30 Jahren leitet. Activision hat erklärt, dass das Unternehmen mit der SEC kooperiert.

In der neueren Vorladung, die das Wall Street Journal einsehen konnte, werden Aufzeichnungen und Mitteilungen von weitaus mehr aktuellen und ehemaligen Führungskräfte angefordert als die SEC zuvor angefordert hatte. Diese reichen außerdem noch weiter zurück, bis ins Jahr 2016.

Beide behördlichen Schritte scheinen nach der Ankündigung der 75-Milliarden-Dollar-Übernahme durch Microsoft gegen Activision eingeleitet worden zu sein. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Santa Monica, Kalifornien, und ist der Entwickler von erfolgreichen Gaming-Franchises wie World of Warcraft und Candy Crush. Die Vorladung der SEC ist auf den 18. Januar datiert. Das ist der Tag, an dem die beiden Unternehmen ihren Deal bekannt gaben. Eine Vorladung der kalifornischen Aufsichtsbehörde an das Los Angeles Police Department (LAPD) ist zwei Tage später datiert.

Activision Blizzard (WKN: A0Q4K4)

Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass Activision beim Los Angeles County Superior Court beantragt hat, die Vorladungen der Behörde an die Polizeidienststellen aufzuheben. Helaine Klasky, die Sprecherin von Activision, sagte, dass diese Vorladungen „darauf ausgelegt sind, zu schikanieren, zu verärgern und in Verlegenheit zu bringen und keinem legitimen Zweck dienen“. Sie lehnte eine Stellungnahme zu den Vorladungen der kalifornischen Behörde an den Vorstand von Activision und zum Vorgehen der SEC ab.

Eine Sprecherin des Department of Fair Employment and Housing reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme zu Activisions Behauptung.

Sprecher der SEC und von Microsoft lehnten eine Stellungnahme ab.

Durch die Übernahme von Activision wird der Software-Gigant Microsoft seine Gaming-Sparte deutlich ausbauen. Nach Abschluss der Übernahme wird Kotick wohl nicht bei Microsoft bleiben. Die Unternehmen gehen davon aus, dass die Übernahme 2023 zum Abschluss kommen wird, berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf Insider. Die US-Handelsbehörde FTC wird den Deal überprüfen.

Der Deal war nach der Veröffentlichung eines investigativen Artikels im November im Wall Street Journal zustande gekommen. Darin wurde berichtet, dass Kotick von Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens im Unternehmen wusste und den Vorstand nicht informierte. In dem Bericht wurde auch ein Belästigungsvorwurf gegen Kotick aus dem Jahr 2006 aufgeführt. Damals hatte sich eine Assistentin darüber beschwert, dass er ihr in einer Sprachnachricht gedroht habe, sie umbringen zu lassen.

Im Januar berichtete das Wall Street Journal, dass Activision etwa 700 Berichte von Mitarbeitern über Fehlverhalten und andere Probleme im Unternehmen gesammelt hatte.

Eine Sprecherin von Activision bezeichnete die Berichterstattung als „irreführend“ und sagte, dass Kotick den Vorfall mit seiner Assistentin zutiefst bedauere. Sie zweifelte die Zahl von 700 Berichten an und sagte, dass einige der gemeldeten Probleme harmlos seien und es sich um doppelte Fälle handele. Activision hat eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, die nach eigenen Angaben, die Arbeitsbedingungen verbessern sollen. Im Rahmen einer internen Untersuchung wurden Dutzende von Mitarbeitern entlassen oder vor die Tür gesetzt.

In einem Interview im November sagte Kotick, dass er seinem Vorstand gegenüber offen und ehrlich sei. Der Vorstand unterstützt Kotick und den Microsoft-Deal öffentlich.

Activision gab im September an, dass das Unternehmen mit der US-Behörde Equal Employment Opportunity Commission einen Vergleich in Höhe von 18 Millionen Dollar geschlossen habe, um eine andere Untersuchung wegen angeblichen Fehlverhaltens am Arbeitsplatz abzuschließen. Der Vergleich muss noch von einem Richter genehmigt werden.

Activision und die Equal Employment Opportunity Commission befinden sich seit Monaten in einem Rechtsstreit mit dem California Department of Fair Employment and Housing über diesen Vergleich. Die kalifornische Behörde hatte versucht, diesen zu blockieren, und das damit begründet, dass die Vereinbarung das Verfahren des Staates vereiteln könnte. Ein Richter entschied gegen die Behörde, die nun in Berufung geht.

Nach der Veröffentlichung des Artikels im November unterzeichnete fast ein Fünftel der Activision-Mitarbeiter eine Petition, in der der Rücktritt von Kotick gefordert wurde. Einige Geschäftspartner und Aktionäre äußerten sich ebenfalls besorgt. Als der Microsoft-Deal angekündigt wurde, war der Aktienkurs von Activision seit der Beschwerde der kalifornischen Aufsichtsbehörde im Juli um mehr als 30 Prozent gefallen.

Activision-Sprecherin Klasky sagte in ihrer Erklärung, dass „jeder einzelne Bericht, den das Unternehmen erhält, von Bedeutung ist. Wir haben unsere Ressourcen deutlich aufgestockt, um jeden Bericht schnell und gründlich prüfen zu können“. Sie sagte, dass die erweiterte Abteilung für Ethik und Compliance des Unternehmens seit Juli über 90 Prozent der internen Berichte abgeschlossen habe.

Wenn die Ermittlungen der Regierung gegen Activision nicht vor dem Abschluss der Microsoft-Übernahme abgeschlossen sind, muss sie Microsoft übernehmen, so Experten für Corporate Governance und Fusionen und Übernahmen.

Auf die Frage nach den Problemen am Arbeitsplatz bei Activision bei Ankündigung des Deals sagte Microsofts Gaming-Chef Phil Spencer dem Wall Street Journal: „Wir sehen, dass sie Fortschritte machen, und das war sehr wichtig für unsere Entscheidung, den Deal weiterzuverfolgen“

Es ist unwahrscheinlich, dass der Deal durch neue Entwicklungen in diesen Untersuchungen nicht zustande kommen wird. Außer die Aufsichtsbehörden würden etwas aufdecken, das den Wert von Activision beeinträchtigt, eine „wesentliche nachteilige Veränderung“, so Charles Elson, Gründungsmitglied des Weinberg Center for Corporate Governance an der Delaware-Universität.

Aus den Wertpapierunterlagen geht hervor, dass in diesem Fall Microsoft dazu verpflichtet ist, Activision nach dem 18. April 2023 eine Auflösungsgebühr von etwa drei Milliarden Dollar zu zahlen, wenn das Unternehmen den Deal absagt. Activision muss hingegen etwa 2,3 Milliarden Dollar zahlen, wenn es aus dem Deal aussteigt.

Im Rahmen der Untersuchung in Kalifornien prüft das Department of Fair Employment and Housing, ob der Vorstand Bescheid wusste und wie er mit der sexuellen Belästigung und anderen Vorwürfen, die im Laufe der Jahre intern erhoben wurden, umgegangen ist. Außerdem werde die Zusammenarbeit der Vorstandsmitglieder mit den Führungskräften des Unternehmens geprüft, heißt es aus Insiderkreisen.

Es konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, warum genau die Behörde Einsicht in Polizeiakten nehmen möchte. In einer Gerichtsakte erklärte die Behörde, sie sei durch Informationen in der „öffentlichen Berichterstattung“ dazu veranlasst worden, ging aber nicht näher darauf ein.

Aus einer Vorladung an das Los Angeles Police Department, geht hervor, dass die Behörde „Dokumente im Zusammenhang mit Beschwerden und/oder strafrechtlichen Ermittlungen“ für 19 aktuelle und ehemalige Activision-Mitarbeiter, darunter auch Kotick, anfordert. Die Behörde fordert auch Dokumente im Zusammenhang mit Beschwerden, Notrufen oder strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit Activisions jährlicher Messe BlizzCon zwischen den Jahren 2015 und 2019 an. Eine Sprecherin des LAPD lehnte eine Stellungnahme ab.

Die staatliche Behörde hat in den letzten Jahren angebliches Fehlverhalten kalifornischer Unternehmen untersucht. Im Dezember hat sie einen Vergleich in Höhe von mehr als 100 Millionen Dollar mit dem Activision-Konkurrenten Riot Games, einer Tochtergesellschaft des chinesischen Unternehmens Tencent, angekündigt. Ursprünglich hatte Riot laut einer Pressemitteilung der Behörde einen Vergleich in Höhe von zehn Millionen Dollar vorgeschlagen.

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