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21.07.2005 DER AKTIONÄR

Rohstoffpreise vor dem Absturz?

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Während die meisten Investoren auf eine Fortsetzung der Rohstoffhausse spekulieren, läutet der Fondsmanager Frank Veneroso die Alarmglocke. Seine Warnung sollte man ernst nehmen.

Während die meisten Investoren auf eine Fortsetzung der Rohstoffhausse spekulieren, läutet der Fondsmanager Frank Veneroso die Alarmglocke. Seine Warnung sollte man ernst nehmen.

Von Olaf Hordenbach

Seit annähernd vier Jahren steigen die Rohstoffpreise unaufhörlich. Wollte vor zehn Jahren noch kein Anleger etwas von einer Knappheit bei Rohstoffen wie Öl, Kupfer und Nickel wissen, springen nun immer mehr Börsianer auf den Zug auf und investieren in die "Schätze der Erde". Doch Vorsicht, die Rohstoffhausse ist kein Selbstläufer und kann, auch wenn die langfristigen fundamentalen Aussichten weiterhin positiv sein mögen, jederzeit durch eine heftige Korrektur unterbrochen werden. Diese Meinung vertritt zumindest der amerikanische Hedgefondsmanager Frank Veneroso.

Veneroso wurde durch eine Goldstudie, die er Ende der 1990er-Jahre veröffentlichte, bekannt. Darin untersuchte er die Goldreserven der großen Banken. Er kam, nach zahlreichen Gesprächen mit Goldhändlern, zu dem Schluss, dass die Finanzinstitute einen wesentlich höheren Teil ihrer Goldreserven ausgeliehen haben mussten als diese in ihren Bilanzen angaben. Durch die Verleihung ihres Goldes drückten sie den Preis für das Edelmetall zusätzlich, da sie kurzfristig das Angebot am Markt erhöhten. Veneroso stellte sogar die Überlegung an, dass der Goldpreis gezielt nach unten manipuliert wurde. Langfristig, und das ist die unmittelbare Folge aus seiner Untersuchung, muss diese Manipulation allerdings zu einer Goldpreisrallye führen. Denn irgendwann werden die Banken ihr ausgeliehenes Gold zurückfordern müssen und eine enorme Goldnachfrage am Markt auslösen.

In seiner neuesten Einschätzung über die weitere Entwicklung am Rohstoffmarkt sind die Vorzeichen allerdings andersherum gesetzt. Ging es beim Gold noch um eine Manipulation nach unten, sollen die Rohstoffpreise, insbesondere die Preise der Basismetalle wie Blei, Nickel und Kupfer, nach Venerosos Meinung in den letzten Monaten vor allem durch eine künstlich erzeugte Knappheit am Markt nach oben getrieben worden sein. Demnach haben vor allem Hedgefonds, die auf steigende Rohstoffpreise spekulieren, im großen Umfang Basismetalle aufgekauft und außerhalb der bekannten Lagerhäuser der Rohstoffbörsen gebunkert, um einen größeren Mangel vorzutäuschen, als tatsächlich vorhanden. In dasselbe Horn stößt auch ein Bericht von Calyon Global Trading, einer Tochter von Credit Agricole, der zum Beispiel aussagt, dass sich die Kupfervorräte an der London Metal Exchange nicht auf die offiziell gemeldeten 34.500 Tonnen beläuft, was der niedrigste Stand seit 1974 wäre, sondern auf über 300.000 Tonnen.

Die Kalkulation der Hedgefonds liegt auf der Hand: Durch die Ausweitung des Mangels an Rohstoffvorräten steigen die Metallpreise rasant schnell. Mit den geeigneten Finanzprodukten wie Optionen und Futures können die Hedgefonds extrem hohe Gewinn einfahren. Doch es liegt auch auf der Hand, dass diese künstliche Ausweitung des Rohstoffmangels kein Dauerzustand sein kann. Spätestens wenn das Spekulationspotenzial der Rohstoffpreise aufgezehrt ist, werden die Hedgefonds ihre Positionen am Terminmarkt schließen und die "geheimen" Rohstofflager auflösen. Aber selbst daraus könnten sie Kapital schlagen, nämlich indem sie auf fallende Rohstoffpreise setzen und die Lager schlagartig auflösen. Dies würde am Rohstoffmarkt zu einem - zumindest vorrübergehenden - Preissturz führen.

Erstens ist festzuhalten, dass die Meinung von Frank Veneroso letztendlich nicht zu überprüfen ist. Zweitens sollte man sie aber nicht für ausgeschlossen halten, da Manipulationen am Rohstoffmarkt eher die Regel als die Ausnahme sind. Drittens wäre, sollte Veneroso Recht behalten, in der Tat mit einem Kurssturz bei den Rohstoffpreisen zu rechnen. Langfristig hätten sich damit natürlich nicht die guten Aussichten für die Rohstoffe verändert - der steigende Pro-Kopf-Verbrauch von Rohstoffen insbesondere in Emerging Markets wie Indien oder China sprechen für eine andauernde Hausse der Metallpreise -, doch kurzfristig würden sich vor allem private Investoren, die mit Zertifikaten und Optionsscheinen direkt auf die Rohstoffpreise spekulieren, eine blutige Nase holen. Daraus kann nur gefolgert werden, dass man die Warnungen von Veneroso ernst nimmt und nur einen kleinen Teil seines Vermögens in Zertifikate und Optionsscheine investiert. Von einem Kurssturz der Rohstoffpreise dürften zwar auch die Aktien der Minengesellschaften betroffen sein, doch diese Verluste kann man ja bekanntlich aussitzen. Aktien haben schließlich keine Laufzeitbegrenzung, wie die meisten Hebelprodukte. Und dass die Rohstoffhausse langfristig weitergeht, daran hat auch Veneroso keinen Zweifel.

Der CRB-Index des Commodity Research Bureau (CRB) wird an den Finanzmärkten als wichtigstes Barometer für die Rohstoffpreisentwicklung gewertet. Der CRB-Index wird seit 1956 berechnet. Seit seiner letzten Überarbeitung 1995 enthält er 17 Rohstoffe, die in sechs Warengruppen unterteilt sind:

o Edelmetalle: Gold, Silber, Platin

o Energie: Rohöl, Heizöl, Erdgas

o Fleisch: Rinder, Schweine

o Getreide/Ölsaat: Mais, Weizen, Sojabohnen

o Industriegüter: Kupfer, Baumwolle

o Weichwaren: Kaffee, Kakao, Zucker, Orangensaft

Ein Blick auf den langfristigen CRB-Chart zeigt, dass die Preise für Rohstoffe seit 2001 wieder steigen und den charttechnischen Widerstandsbereich bei 280 Punkten überwinden konnten. Mit dem Erreichen des alten Hoch bei circa 320 Punkten ist nun aber auch das charttechnische Potenzial kurzfristig ausgereizt. Ein Rücksetzer auf die Unterstützungszone bei 280 Punkten würden den langfristigen Aufwärtstrend nicht nachhaltig schädigen und käme einer "gesunden" Korrektur gleich.

Artikel aus DER AKTIONÄR 30/05

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