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16.03.2018 Jochen Kauper

Fahren wie Gott in Frankreich: Ist Faurecia besser als Conti und Aptiv?

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Vor wenigen Wochen sorgte Byton mit seinem neuen Elektroflitzer für Schlagzeilen. Was viel zu wenig Beachtung fand: Für die innovative Technik im Innenraum ist der französische Autozulieferer Faurecia verantwortlich. Die Aktie ist ein Kauf.

Er ist 4,85 Meter lang und 1,94 Meter breit: der neue Herausforderer von Tesla, Volkswagen und Co. Entwickelt von einem Team um den ehemaligen BMW-Manager Carsten Breitfeld. Name: Byton oder Bytes on Wheels.
Breitfeld schickte auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas sein neues elektrisch angetriebenes Konzeptfahrzeug ins Rennen. Schnittiges Design, 400 Kilometer Reichweite in der günstigsten Version. Breitfeld und seine Mannschaft gingen mit ihrem Byton einen Schritt weiter als die Autobauer der alten Schule: Was den Innenraum dieses Computers auf Rädern betrifft, so wagten sie einen völlig neuen Ansatz: Das Display im Cockpit ist 25 Zentimeter hoch und misst in der Breite stolze 1,25 Meter. Es zieht sich über das komplette Armaturenbrett. Angezeigt werden alle möglichen Daten, von der Geschwindigkeit des Autos über die Batteriereichweite bis hin zum Blutdruck und der Atemfrequenz des Fahrers. Im ganzen Auto sind riesige Bildschirme verbaut, das alles funktioniert via Gesten- und Sprachsteuerung. Alles verspielt, mit unendlich vielen neuen Möglichkeiten für die Insassen. Die Sitze sind um 180 Grad verstellbar. Fahrer und Beifahrer können sich also ohne Probleme bei einem Stopp mit den anderen Insassen des Fahrzeugs Face to Face unterhalten.
Bei dem ganzen Tamtam rund um den neuen Byton ging fast völlig unter, wer diesen revolutionären Innenraum für den neuen Herausforderer von Tesla, VW und Co designt hat. Nicht etwa Continental, Bosch oder Delphi sind für dieses beeindruckende Stück Technik verantwortlich, sondern der französische Autozulieferer Faurecia. Faurecia ist nicht irgendeine kleine Bastelbude, sondern liegt auf Platz 6 unter den größten Autozulieferern weltweit. Umsatz 17 Milliarden Euro, 100.000 Mitarbeiter, Standorte in 35 Ländern. Am Steuer von Faurecia sitzt Patrick Koller, 57 Jahre, der seinen Wirtschaftsabschluss am Institut Français de Gestion gemacht hat. Vorher arbeitete Koller für VDO Instruments, Hella und Valeo.
Koller treibt den Wandel von Faurecia an. Er kauft zu, steckt Geld in kleine Start-ups und geht neue Partnerschaften ein. Besonders hervorzuheben sind die letzten Übernahmen von Parrot Automotive und Coagent (China) in den Bereichen Connectivity und Infotainment.

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Übernahmen und Partnerschaften für Hightech-Lösungen
Faurecia zeigt mit der neuen Innenraumgestaltung des Byton zum Beispiel, wohin die Reise in der Autobranche gehen wird: weg vom schlichten Design, einer langweiligen Anzeige von Geschwindigkeit und Temperatur sowie einem kleinen Navi mit einer Bedienbarkeit, die mit einem Motorola Motorazor-Handy aus dem Jahr 2000 vergleichbar ist. Nein, in Faurecias Welt ist das Ergebnis eine digitale Ökowelt, wenn man so will. Hier spielt das Autofahren bald nur noch eine Nebenrolle. Vielmehr liegt der Fokus auf Gesundheit, Wohlbefinden und Personalisierung. Eine Spielwiese im Auto für jung und alt.
Vor wenigen Wochen legten Patrick Koller und seine Mannschaft die Zahlen für das Jahr 2017 vor. Der Umsatz kletterte um 10,6 Prozent auf 17,0 Milliarden Euro. Faurecias Betriebsgewinn stieg überproportional zum Umsatz um 20,6 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro. Die Marge lag bei 6,9 Prozent. „Unser Auftragseingang ist auf Rekordhöhe und unsere Finanzstruktur solide“, sagt Koller. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Der Auftragseingang im Dreijahreszeitraum (2015 bis 2017) liegt bei 62 Milliarden Euro und damit neun Milliarden Euro höher als im Zeitraum 2014 bis 2016. Größter Kunde ist Ford mit einem Umsatzanteil von 18,8 Prozent. Es folgt die Crème de la Crème der Autobauer wie Volkswagen, Renault-Nissan, PSA und FiatChrysler. Zuletzt angelte sich Faurecia auch den hochinteressanten Geely-Konzern als Kunden. Das macht Lust auf mehr.
Vorstand Koller geht einen Schritt weiter. „Wir konzentrieren uns weiterhin auf die schnellere Transformation von Faurecia in ein innovatives Technologie-Unternehmen.“ Soll heißen: Das Zahlenwerk ist für ihn wichtig. Was zählt, ist die Zukunft, sich richtig positionieren, neue Technologien implementieren, keine Trends verschlafen, sondern Trends setzen. Dazu steckte Faurecia zuletzt viele Millionen Euro in neue Partnerschaften und Zukäufe. Koller pushte vor allem den Bereich Mobilität und smarter Fahrzeug­innenraum. Ende Februar krallte sich Faurecia auch die Firma Hug Engineering. Hug besetzt ein Trendthema, über das derzeit fleißig diskutiert wird. Die Firma ist im Bereich Abgasreinigungssysteme für Hochleistungsmotoren (über 750 PS) tätig. Diese Motoren kommen in der Schifffahrt, im Schienenverkehr oder in der Landwirtschaft zum Einsatz. Die Politik wird in puncto Schadstoffausstoß bei Motoren bald die Zügel enger anziehen, was Faurecia gerade mit der Übernahme von Hugh in die Karten spielen wird.
Hinzu kommt: Faurecia integriert zum Beispiel als erster Zulieferer weltweit Amazons Sprachassistentin Alexa im Innenraum des Autos. Via Sprachsteuerung können beispielsweise neue Ziele eingegeben, ein Film bestellt oder Anrufe getätigt werden. Wenn man so will, ist Faurecia damit der Vorreiter des fließenden Übergangs zwischen Smart Home und Smart Car.
Faurecia wird aber noch mehr Ideen ins Auto der Zukunft packen: Etwa vernetzte Sitzbezüge, die mit Sensoren übersät sind. Damit werden künftig Herz- und Atemfrequenzen des Fahrers sowie des Beifahrers überwacht und analysiert. Sekundenschlaf kann so zum Beispiel durch einen rechtzeitigen Alarm vermieden werden. Auch sonstige körperliche Beschwerden können sofort erkannt und analysiert werden. Besonders heiß diskutiert werden derzeit Themen wie Fahrverbote zur Verbesserung der Luftqualität in Ballungsräumen. Auch hier hat Faurecia einen Lösungsansatz entwickelt. Faurecias Software kann bereits jetzt die Stickoxide in verschiedenen internationalen Städten in Echtzeit messen und analysieren. Es können neue Routen ausgewählt oder bestimmt werden, um die Innenstädte zu entlasten.
Übrigens: Faurecia arbeitet auch schon lange am Thema selbstfahrendes Auto. Hierzu wurde Mitte 2017 der deutsche Zulieferer ZF mit ins Boot geholt, um gemeinsam Lösungen auszutüfteln.

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Mon Dieu!
Faurecia entwickelt sich zu einem der Trendsetter in der Zuliefererbranche. Der Umsatz soll im laufenden Jahr um mindestens sieben Prozent steigen. Dabei soll laut Analysten ein Gewinn pro Aktie von 5,83 Euro hängen bleiben. Die Wachstumsraten sind hoch, die Aussichten durch die spannenden, innovativen Produkte und gute Partnerschaften extrem erfreulich. Die Aktie hat  schönes Upside-Potenzial.

Der Artikel erschien in DER AKTIONÄR Ausgabe 11/2018.

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