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28.05.2018 Florian Söllner

Braking Bad: Tesla-Aktie - wer bremst, verliert

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Tesla

Medien treten auf die Euphoriebremse: Ist Tesla zu schnell gewachsen? Auch Anleger sollten trotz schöner Musk-Versionen den Blick für die Risiken im Auge behalten.

Tesla ist schnell. Während BMW oder Daimler ihre Elektroautos noch in der Wüste testen, nimmt der US-Hersteller die Abkürzung: Ohne langes Prüfen wurde zumindest das rund 55.000 Dollar teure Model 3 in den Markt gebracht. Auch das Elektroauto selbst ist flinker als die Konkurrenz: von 0 auf 100 in 5,5 Sekunden. Das Handling des satt auf der Straße liegenden Elektroautos loben Youtube-Tester oder die Autobild. Consumer Reports, die „Stiftung Warentest“ der USA, schreibt von „großem Fahrspaß“. Elon Musk tweetete im Rausch der Geschwindigkeit: „Schneller als der BMW M3 [78k-Version].“

Doch dann drückt der Tester des Consumer Report auf die Bremse – und verliert: nicht direkt sein Leben, doch sein Vertrauen in das Elek­troauto. Die Bremsen seien schlecht. Erst nach 46 Metern stoppt das mit Batterien vollgepackte Model 3. Wenn ein Porsche 911 (31 Meter) schon steht, würde das Model 3 noch mit 50 km/h vorbeirauschen. Selbst ein Skoda Octavia oder VW Passat halten bei Gefahr zwölf Meter früher. „Keine Kaufempfehlung“, so das Urteil der US-Tester, die auch Fahrgeräusche und die Bedienung des großen Displays monieren. Falls es funktioniert: Tester von Edmunds steigen nach der „Freude“ beim Fahren mit quietschenden Reifen auf die Euphoriebremse. Nach vier Wochen Dauertest „falle es auseinander“. Zu den Problemen gehören ein schwarzes Display oder eine defekte Rückfahrkamera.

Auch der Mythos, Tesla baue die sichersten Autos der Welt, erhält Risse. Jüngst ist ein deutscher Unternehmer in seinem Model S in der Schweiz verbrannt. Vielleicht nur Pech. Doch laut Bild soll die Witwe eine Klage gegen Tesla prüfen. Ob diese den offensiv beworbenen „Autopilot“ (der ein Fahrassistenzsystem ist) betreffen würde oder die Batterie, ist nicht bekannt. Doch die Fragen der Kunden werden hartnäckiger. Wie sicher sind die Autos? Ein Batterieexperte sagte bereits 2017 gegenüber dem AKTIONÄR: Samsung-SDI-Batterien würden Wärme besser ableiten und seien sicherer als Panasonic-Rundzellen.

Model 3: Teurer Spaß

Die Bremsspuren auf der lange Zeit weißen Weste von Tesla kommen zur Unzeit. Denn Elon Musk will mit hohen Verkaufspreisen beim Model 3 die Verluste (eine Milliarde Dollar negativer Cashflow im Q1) eindämmen. Während die Masse der Reservierer noch immer auf das versprochene 35.000-Dollar-Model-3 wartet, wird zunächst ein Performance-Modell mit Preisen ab 78.000 Dollar angeboten. Gibt es genügend Käufer zu diesem Preis, kann Tesla damit in die Gewinnzone rasen? Die Meinungen sind geteilt. Die Analysten von Berenberg haben ihr Kursziel auf 500 Dollar angehoben. Weil Tesla beim Bau des Model 3 durch Roboter viele Arbeiter einspare und dank des spartanischen Innenraums wenig Teile verbauen müsse, würde Tesla tatsächlich beim Bau des Model 3 Rohmargen von 25 Prozent und 2019 einen Nettogewinn erzielen.

Rast Tesla am Ende doch triumphierend über die Ziel- und Gewinnlinie? Es gibt Zweifel. Selbst Adam Jones von Morgan Stanley, der lange als „Tesla-Fan“ galt, geht vom Gas. Morgan Stanley hat das Kursziel für Tesla von 376 auf 291 Dollar gesenkt. Vom Gros der Analysten wird 2019 mittlerweile ein Verlust erwartet. Die Probleme beim Bau des Model 3 seien nicht schnell lösbar und „struk­tu­rel­l“.

Auch Autoexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer fürchtet im Gespräch mit dem AKTIONÄR, dass Tesla die Ideallinie verlässt: „Tesla wird 2025 deutlich überholt sein von den Deutschen. Elon Musk schafft es nicht, in die Gänge zu kommen, und damit schmilzt sein Vorsprung. Er hat Spielereien gemacht, die ihn die Zukunft kosten. Tesla läuft die Zeit weg.“

Während Elon Musk Investitionen aus Geldmangel gekürzt hat und neue Tweets nahelegen, dass er es sich (noch?)nicht leisten kann, ein günstiges Model 3 in Stückzahlen zu produzieren, startet die Konkurrenz. Musk bremst gerade zu dem Zeitpunkt, an dem im Rückspiegel der Porsche E-Mission (2019) oder der Audi e-tron (2018) näherkommen. Diese sind keine E-Vorreiter, doch dürften dafür mit Verarbeitungsqualität und Sicherheit punkten. Und mit höheren Förderungen: Die 7.500 Dollar Steueranreiz beim Kauf von Elektroautos gibt es in den USA nur für die ersten 200.000 Modelle eines Herstellers. Tesla dürfte diese Schwelle 2018 reißen

Keine Kaufempfehlung

Selbst wenn man hohes Wachstum einkalkuliert und Verwässerung (Goldman Sachs schätzt einen Bedarf von zehn Milliarden Dollar bis 2020) ausklammert, ist Tesla drastisch höher bewertet als BMW und Co – welche ebenfalls zu kleinen „Teslas“ werden. Ein größeres Risiko als die Bilanz: Musk-Fans ziehen die Bremse und stornieren ihr Model 3. Solange die Aktie unter 300 Dollar notiert, sollten sich auch Trader zurückhalten. Denn die Gefahr ist groß: Tesla war zu schnell und das Bremsen von Musk greift zu spät ...

Dieser Artikel ist in der AKTIONÄR-Ausgabe 22/2018 erschienen, die Sie hier als e-Paper erhalten.

Update: Tesla will zumindest das Bremsproblem durch OTA-Updates in den Griff bekommen.

Hinweis auf Interessenkonflikte gemäß §34b WpHG: Autor Florian Söllner hält folgende Instrumente und beabsichtigt, diese aufzustocken und/oder zu verkaufen, sodass er von der durch die Publikation resultierenden Kursentwicklung profitiert: Tesla-Optionsschein (Put). Im www.hotstockreport.de befindet sich ein Short auf Tesla im Depot 2030

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